Stück für Stück zur Gleichstellung

Stück für Stück zur Gleichstellung

Verfassungsgericht erlaubt Adoption in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften – zumindest jedem Partner für sich

13. 7. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: kw/čtk; Foto: PROUD

Als Petr Laně im März auf zehn Jahre eingetragene Partnerschaft in Tschechien zurückblickte, erzählte der Sprecher des Gleichstellungsverbands „Proud“ zwar von schönen Erinnerungen an den Tag seiner Verpartnerung. Er zeigte sich aber auch kämpferisch. Mit Proud arbeitete er schon damals an einer Kampagne, die darauf abzielte, dass Männer und Frauen in einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft Kinder adoptieren dürfen. Ende Juni fällte das Verfassungsgericht eine Entscheidung – und kippte das bisherige Verbot. Menschen, die in einer registrierten gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, haben von nun an das Recht, Kinder zu adoptieren.

Geklagt hatte ein Mann, der in Prag um die Aufnahme ins Adoptionsregister gebeten hatte und dem dies mit einem Hinweis auf die geltende Gesetzeslage verwehrt worden war. Hierzulande können verheiratete Paare ebenso wie offiziell Alleinstehende Kinder adoptieren – Menschen in eingetragener Partnerschaft wurde dieses Recht bislang jedoch nicht zugestanden. Als „offensichtlich diskriminierend“ hatte das auch Menschenrechtsminister Jiří Dienstbier (ČSSD) bezeichnet.

Gemeinsam dürfen gleichgeschlechtliche Paare nach wie vor keine Kinder adoptieren, auch die Übernahme des Sorgerechts für leibliche Kinder des Partners bleibt ihnen weiterhin verwehrt. Einen Gesetzesentwurf, der auch das erlaubt, will Dienstbier demnächst vorlegen.   

Begrüßt wurde die Entscheidung des Gerichts von LGBT-Verbänden und von Kinderschutzorganisationen wie „Lumos“. „Sexuelle Orientierung sollte kein Hindernis bei der Kindererziehung sein“, so die Sprecherin der Organisation Barbora Křižanová. Sie kritisiert, dass vergleichsweise viele Kinder in tschechischen Pflegeeinrichtungen leben. Der Organisation zufolge waren es im Jahr 2014 mehr als 8.000. „Lumos“ setzt sich dafür ein, dass Kleinkinder im Alter von bis zu drei Jahren nicht mehr in solchen Institutionen betreut werden. „Wenn Menschen in registrierter Partnerschaft dieselben Prüfungen durchlaufen wie alle anderen Kandidaten, erweitert das den Kreis derer, die Kinder aus Pflege­einrichtungen herausholen können“, hofft Křižanová.

Kritische Stimmen am erweiterten Adoptionsrecht kamen unter anderem aus der politischen Opposition. Der Abgeordnete Marek Benda (ODS) kommentierte, es sei an der Zeit, die Abschaffung der registrierten Partnerschaft zu prüfen. Bei deren Einführung sei versprochen worden, dass das Adoptionsrecht nicht ausgeweitet würde. „Heute sieht man, dass hier eine klassische Salami­taktik angewendet wird“, so Benda.
Als erstes Land hatten die Niederlande im Jahr 2001 die gleichgeschlechtliche Ehe inklusive Adoptionsrecht erlaubt. Gemeinsam Kinder adoptieren dürfen alle Paare außerdem in Belgien, Großbritannien, Spanien und in den skandinavischen Ländern.