Kommentar: Geschickter Schachzug

Kommentar: Geschickter Schachzug

Vizepremier geht mit Senkung der Biersteuer auf Stimmenfang

4. 2. 2016 - Text: Josef FüllenbachText: Josef Füllenbach; Foto: MMX

Finanzminister Andrej Babiš verkündete in einer Fernsehsendung zur Überraschung der Öffentlichkeit wie auch seiner Koalitionspartner den Plan, die Umsatzsteuer auf Fassbier von 21 auf 10 Prozent zu ermäßigen. Also noch unter den ermäßigten Satz von 15 Prozent für alkoholfreie Getränke oder Grundnahrungsmittel. Aus Sicht des populistischen Politikers ein genialer Schachzug. Zum einen nimmt er den Kritikern an der Einführung der elektronischen Erfassung der Umsätze viel Wind aus den Segeln. Zum Beispiel den Gastwirten, die zusätzlichen Bürokram fürchten, oder den Anhängern der ländlichen Kultur, die ein Sterben der Dorfschenken kommen sehen. Zum anderen lässt er seine Koalitionspartner, also bei den anstehenden Wahlen seine eigentlichen Konkurrenten, alt aussehen. Sobotkas Einwurf, es handele sich bei dem Vorschlag um Marketing, verfängt nicht bei einem Publikum, das mehr als in jedem anderen europäischen Land dem Gerstensaft zugetan ist. Und seine Ankündigung, gegebenenfalls den Steuersatz auf Grundnahrungsmittel auf das gleiche Niveau zu senken, wirkt eher hilflos. Nicht anders die Mäkelei aus der Opposition, der Plan sei „nicht systemgerecht“. Auch die ernsten Bedenken des Antidrogen-Beauftragten der Regierung, der für den Fall der Annahme des Vorschlags seine Demission erwägt, dürften an Babiš abperlen.

Denn er kann darauf setzen, dass sich sein Nimbus rund um die Stammtische im Land festigt: Der kann’s! So sorgt er schon jetzt für die weitere Stärkung seiner ohnehin breiten Anhängerschaft, die ihn in knapp zwei Jahren bis ins höchste Regierungsamt tragen könnte. Dann ließen sich seine Geschäftsinteressen noch wirksamer mit den öffentlichen verquicken. Sobotka wird sich überlegen müssen, wie er seinem schärfsten Rivalen noch beikommen kann. Am Rande des anstehenden EU-Gipfels in Brüssel könnte er Angela Merkel um Rat fragen; sie hat schließlich noch keinen ihrer Vizekanzler neben sich emporwachsen lassen.