Weg mit der Kippe

Weg mit der Kippe

Abgeordnete verabschieden absolutes Rauchverbot – Gesetz soll zum Welt-Nichtraucher-Tag in Kraft treten

15. 12. 2016 - Text: Marcus Hundt

Tschechien, einig Raucherland? Lange Zeit sah es danach aus. Doch Ende vergangener Woche standen die meisten Abgeordneten auf der Seite der Nichtraucher. Mit einer Mehrheit von 72 Prozent verabschiedeten sie ein Gesetz, das ein absolutes Rauchverbot in gastro­nomischen Betrieben vorsieht. Insgesamt brauchten sie drei Jahre dafür. Noch im Mai war der vom Gesundheitsministerium vorgelegte Entwurf am Stimmverhalten der mitregierenden ANO-Partei gescheitert. „Sie haben der Tabak-Lobby in die Hände gespielt und den Interessen der Bürger geschadet“, kritisierte Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) damals den Koalitionspartner. Am Freitag feierte er das Ergebnis als einen „Sieg über die kommerziellen Interessen“. In Kraft treten soll das Gesetz passenderweise am 31. Mai, dem Welt-Nichtraucher-Tag. Nun hängt es nur noch an der oberen Parlamentskammer – und ausgerechnet an einem passionierten Raucher.

Später Erfolg
Die meisten Senatoren wollen dem neuen Gesetz zum Schutz der Nichtraucher eigenem Bekunden nach zustimmen. Und selbst der Präsident erklärte am Sonntag, er werde kein Veto dagegen einlegen. „Als Raucher befinde ich mich in einem Interessenkonflikt. Deshalb muss ich dem Gesetz zustimmen“, sagte Miloš Zeman in einem Radio-Interview, obwohl er die Maßnahmen für „absoluten Unsinn“ hält. Er könne „ziemlich gut nachvollziehen“, das Rauchen dort zu verbieten, wo sich „auf engem Raum“ Kinder aufhalten – zum Beispiel im Auto. Doch alles andere gehe ihm zu weit.

Der erst vor zwei Wochen ernannte Gesundheitsminister Miloslav Ludvík (ČSSD) verbreitete Zuversicht, dass Tschechien als 19. Land in der EU ein strenges Rauchverbot einführt: „Im Senat werden wir dasselbe machen wie im Abgeordnetenhaus: in Ruhe erläutern, dass es vor allem um den Schutz unserer Kinder geht. In keinem anderen europäischen Land rauchen so viele Minderjährige wie bei uns. Die Senatoren werden das genauso verstehen wie die Abgeordneten und dem Gesetz zustimmen.“ Sein Amtsvorgänger und Parteikollege Svatopluk Němeček freute sich über Twitter, dass „unsere Arbeit von drei Jahren nicht umsonst war. Ich darf also auch ein bisschen stolz sein.“

Erwartete Kritik
Auch der ANO-Fraktionsvorsitzende Jaroslav Faltýnek zeigte sich nach der Abstimmung erleichtert. Vor allem weil seine Kollegen dieses Mal geschlossen hinter der Gesetzesnovelle standen. Im Mai waren noch zwei Drittel der ANO-Fraktion dem Oppositionspolitiker Marek Benda (ODS) gefolgt, der sich für separate Raucherbereiche in Gaststätten eingesetzt hatte. Der Antrag hatte beim jüngsten Beschluss keine Chance mehr. Und damit können auch die Gastwirte künftig nicht mehr selbst entscheiden, ob bei ihnen geraucht werden darf.

Der Tschechische Hotel- und Gaststättenverband (AHR) hält das absolute Rauchverbot erwartungsgemäß für überzogen. Laut dem Vorsitzenden Václav Starek treffe das neue Gesetz vor allem Wirtshäuser in ländlichen Regionen. Viele Betriebe werden schließen müssen, prophezeit er. Dabei reguliere sich der Markt seiner Meinung nach in den vergangenen Jahren bereits selbst. „In 60 Prozent unserer Restaurants darf schon heute nicht geraucht werden oder sie verfügen über Räume für Nichtraucher. Außerdem ist das Rauchen in 90 Prozent aller Herbergen verboten. Warum führen wir also ein Verbot ein, wenn sich die Sache doch von alleine regelt?“, fragt sich Starek.

Der Verbandsvorsitzende fand allerdings auch lobende Worte für das Gesetz, das neben dem Rauchen auch den Verkauf und Konsum von Alkohol beschränkt. Lange war der Antrag diskutiert worden, wonach in den Gastbetrieben mindestens ein alkoholfreies Getränk weniger kosten müsse als das billigste alkoholische Getränk. Dieser Vorschlag ist nun vom Tisch – vorerst.  



Wo demnächst nicht mehr geraucht werden darf

–    in sämtlichen gastronomischen Einrichtungen (erlaubt sind E-Zigaretten)
–    in öffentlichen Gebäuden wie Kinos, Theater, Konzertsälen und Sporthallen (gilt auch für E-Zigaretten)
–    an Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs
–    in zoologischen und botanischen Gärten (erlaubt sind E-Zigaretten und Raucherbereiche)
–    in öffentlichen Gebäuden wie Krankenhäusern und Schulen (gilt auch für E-Zigaretten)
–    in öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Spielplätzen (gilt auch für E-Zigaretten)

Wo der Verkauf von Tabakwaren verboten wird

–    an Zigarettenautomaten und im Internet (falls nicht ausgeschlossen werden kann, dass Personen unter 18 Jahre Zugang haben)

Wo der Verkauf von Alkohol verboten wird

–    an Automaten und in öffentlichen Verkehrsmitteln (ausgenommen Langstrecken und Gruppenreisen)