Europa hui! Europa pfui?
Präsident Zeman möchte ein Tschechien im „harten Kern“ Europas. Premier Nečas sieht das anders
10. 4. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: APZ
Zur Mittagszeit war Schluss mit der tschechischen Euroskepsis. So jedenfalls wertet die slowakische Tageszeitung „Hospodárske noviny“ Miloš Zemans (SPOZ) Amtshandlungen von Mittwoch vergangener Woche. Und Zeman auch. Zusammen mit dem Chef der Europäischen Kommission Jose Manuel Barroso hisste der frisch gewählte Präsident die EU-Flagge – zum ersten Mal überhaupt auf der Prager Burg. Danach ratifizierte Zeman mit einem Federstrich den Euro-Rettungsschirm. Noch vor wenigen Wochen, unter Klaus, war beides undenkbar.
Nun hat Prag einen neuen Burgherren und der macht in Sachen EU-Politik vieles anders. „Ich war immer der Ansicht, dass die EU eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik braucht und natürlich auch eine gemeinsame Fiskalpolitik samt der schrittweisen Harmonisierung des Steuersystems“, sagte Zeman nach getaner Arbeit. Tschechien solle dem harten Kern der EU angehören, Barrosos Vorstellungen von einem föderalistischen Europa begrüße er.
Außenminister Schwarzenberg klatschte Beifall, genauso wie die Opposition. Regierungschef Petr Nečas (ODS) indes war bemüht, die Verhältnisse zurechtzurücken. Um die blaue Flagge auf dem Hradschin werde unnötig Aufhebens gemacht, auf die Außenpolitik seines Landes habe das keinen Einfluss, sagte der Premier auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Barroso am Mittwochnachmittag. Einer weiteren Integration der Union stehe man skeptisch gegenüber.
Auch der frühere Burgherr ließ Zemans Bekenntnis zur EU nicht unkommentiert. Auf der Homepage des Ex-Präsidenten erschien eine Reaktion, als Autor wurde das Václav-Klaus-Institut angeführt. Die Sternenflagge habe auf der Burg nichts verloren, die bisherige europäische Integrationspolitik sei am Ende. In der Vergangenheit habe nur einmal eine andere als „unsere Staatsfahne“ über dem tschechischen Präsidentensitz geweht. Die des Dritten Reichs, im Protektorat, heißt es auf Klaus’ Seiten. Auch in anderen EU-Ländern schmücke den Sitz des Staatsoberhauptes nur die eigene Fahne.
Auf Vorbehalte, ob die EU-Fahne auf die Burg gehöre, reagierte Zeman am Mittwoch gewohnt salopp. „So viel ich weiß, gibt es am Buckingham Palace keine“, so Zeman, „aber ich bin nicht die Queen.“ Barroso bot er flapsig an, die Kommission nach Prag umzusiedeln. Der Verwunderung von Tschechiens Spitzenpolitikern – unter ihnen Schwarzenberg – darüber, dass sie nicht zum Flaggen-Zeremoniell geladen waren, entgegnete der Präsident, er habe Barroso an diesem Tag zum ersten Mal getroffen und wollte sichergehen, genügend Zeit für die Gespräche mit dem Kommissionspräsidenten zu haben.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“