Kalenderblatt: 1. März

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Vor 150 Jahren: 1868 wird Sophie Chotek von Chotkowa geboren. Auf einem Ball in Prag lernt sie den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand kennen – und lieben

28. 2. 2018 - Text: Josef Füllenbach

Über den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand ist viel geschrieben worden. Die meisten Autoren beschreiben ihn als kalt, unnahbar, zu Wutausbrüchen neigend, gegenüber seinen Untergebenen misstrauisch und herrisch. Wäre er Franz Joseph I. als Kaiser nachgefolgt, hätte er wohl ein nahezu „neoabsolutistisches“ Regime geführt.

Doch als Privatmann war Franz Ferdinand von Österreich-Este nicht wiederzuerkennen. Sobald er das Tor zu seiner Residenz Konopischt (Konopiště) durchschritt, zeigte er sich wie verwandelt. Sein Sarkasmus und seine Unnahbarkeit, die ihm viele seiner Zeitgenossen nachsagten, waren verschwunden. Zum Vorschein trat ein zärtlicher Gatte und liebevoller Vater, der mit seinen drei Kindern frühstückte und spielte. Es war die Liebe zu seiner „lieben, gescheiten, schönen und guten Frau“ Sophie Chotek von Chotkowa, die aus ihm einen anderen Menschen machte.

Sophie Maria Josephine Albina Gräfin Chotek von Chotkowa und Wognin, so ihr vollständiger Name, wurde am 1. März 1868 in Stuttgart geboren. Ihren späteren Ehemann lernte sie angeblich im Alter von 28 Jahren auf einem Ball in Prag kennen. Für beide soll es Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Franz Ferdinand hatte in ihr das „Ideal einer Frau“ gefunden. Er war entzückt von der vier Jahre jüngeren Sophie (die zu dieser Zeit noch bei ihrem Vater in Dresden wohnte), von ihrem „vollkommen gefestigtem Charakter und Anschauungen“.


„Wie hat man uns gequält! Wie hat man meine Braut gefoltert!“


Doch die Beziehung war nicht standesgemäß. Und so hielt sie das Paar über zwei Jahre geheim. Als Kaiser Franz Joseph schließlich davon erfuhr, war er außer sich und verlangte von seinem Neffen, das unebenbürtige Verhältnis sofort zu beenden. Sophie Chotek gehörte zwar einem alten böhmischen Adelsgeschlecht aus dem 12. Jahrhundert an, doch nach dem Hausgesetz der Habsburger, an das Kaiser und Hof gebunden waren, zählte Gräfin Chotek nicht zu den standesgemäßen Familien.

Der Kaiser stellte Franz Ferdinand nun heiratswillige Damen aus verschiedenen Dynastien vor. Doch da sich dieser weiterhin zu seiner geliebten Sophie bekannte, beauftragte Franz Joseph den späteren Weihbischof Godfried Marschall, der tiefgläubigen Sophie ins Gewissen zu reden. Der Plan ging auf: Sophie ging in ein Kloster. Als Franz Ferdinand davon erfuhr, erklärte er dem Kaiser voller Zorn: „Meine Braut hat die Zeit der Buße – so muss ich die Monate nennen – in einem Kloster verbracht und jetzt habe ich sie erlöst. Sie gehört wieder der Welt an und sie wird zu mir gehören … Wie hat man uns gequält! Wie hat man meine Braut gefoltert!“

Franz Ferdinand mit seiner Familie (um 1908)

Schließlich gab der Kaiser nach – vor allem nach der Fürsprache von Franz Ferdinands Stiefmutter Maria Theresa –, allerdings unter der Bedingung, dass die Ehe morganatisch sein müsse. Das bedeutete, dass weder die Gräfin Chotek noch ihre Kinder Mitglieder der königlichen und kaiserlichen Familie werden konnten und von der Thronfolge ausgeschlossen waren. An der Hochzeit am 1. Juli 1900 auf Schloss Reichstadt (Zákupy) nahm mit Ausnahme von Maria Theresa kein Mitglied der kaiserlichen Familie teil.

Unbeeindruckt von den erfahrenen Demütigungen rief Franz Ferdinand nach der Trauung aus: „Ich schwimme in einem Meer von Glück. Meine Frau, mein Schatz, meine Ratgeberin, mein Doctor, mein Kamerad – meine Ehe schlägt mir famos an!““ Das Paar mied den Wiener Hof, da Sophie ihren Mann bei öffentlichen Empfängen nicht begleiten und nicht einmal mit ihm die erzherzogliche Kutsche benutzen durfte. Erst im Laufe der Zeit besserte sich das Verhältnis von Franz Joseph zu Sophie – und damit auch ihre Stellung am Hofe: Ende 1909 verlieh ihr der Kaiser den Titel „Herzogin von Hohenberg“. Ab diesem Zeitpunkt durfte sie sich auch mit „Hoheit“ anreden lassen.


„Sopherl! Sopherl! Stirb mir nicht!“


Die meiste Zeit, vor allem die Sommermonate, verbrachte die junge Familie auf Schloss Konopischt. Franz Ferdinand hatte das südlich von Prag gelegene Anwesen bereits 1887 von Johann Karl Fürst von Lobkowitz erworben. Doch das gemeinsame Glück währte nur kurz: Am 28. Juni 1914 kamen die Eheleute bei einem Besuch in Sarajevo ums Leben. Der serbische Nationalist Gavrilo Princip, der die tödlichen Schüsse auf das Paar in der offenen Limousine abfeuerte, gab später zu Protokoll, dass ihm der Tod von Sophie aufrichtig leid tue. Der erste Schuss habe nicht ihr, sondern dem Landeschef von Bosnien und der Herzegowina, Oskar Potiorek, gegolten. Kurz bevor der zweite Schuss den Erzherzog selbst traf, soll er seine sterbende Frau angefleht haben: „Sopherl! Sopherl! Stirb mir nicht! Bleib‘ am Leben für unsere Kinder!“

Gavrilo Princip erschießt Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau (nachempfundene Illustration von Achille Beltrame in der italienischen Zeitung "La Domenica del Corriere" am 12. Juli 1914).

Nach einer so schlicht wie möglich gehaltenen Begräbnisfeier in Wien wurden die beiden Särge ins niederösterreichische Artstetten überführt und in kleinem Kreis in der Gruft des Schlosses beigesetzt. Beide haben ihrer Zeit vorgelebt, dass sich eine erfüllte Liebe über alle gesellschaftlichen Schranken und Vorurteile hinwegsetzen kann.


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