Warten auf die Wärme
Durch den langen Winter befürchten Landwirte Ertragseinbußen und Einkommensverluste
10. 4. 2013 - Text: Ivan DramlitschText: id/čtk; Foto: Brianna Privett/flickr
Schneegestöber am Ostermontag, klirrender Nachtfrost am 2. April – der ungewöhnlich lange Winter zehrt nicht nur an den Nerven der Kältegeplagten, sondern macht vor allem den Landwirten erhebliche Probleme. Gemüsesorten wie Blumenkohl, Salat, Kohlrabi oder Frühlingszwiebeln werden normalerweise bereits im März ausgesät. Durch die widrigen Witterungsverhältnisse war an die Frühjahrsaussaat bisher aber nicht zu denken. „Wir lagern unsere Setzlinge derzeit in provisorischen Räumen, da sie draußen erfrieren würden. Jetzt warten wir alle ungeduldig, dass es wärmer wird“, erklärt der Präsident des tschechischen Gemüsebauernverbandes, Jaroslav Zeman. Laut Wettervorhersage könnte mit der Aussaat in der Monatsmitte begonnen werden, also drei Wochen später als üblich.
So entstehen den Landwirten zusätzliche Kosten durch die lange Lagerung der Setzlinge in beheizten Räumen. Für bereits engagierte Saisonarbeiter müssen Ersatztätigkeiten gefunden werden, da es auf den Feldern nichts zu tun gibt. Manche Bauern konnten nicht mehr warten: „Ich muss mit der Saat aufs Feld, weil ich Platz brauche“, so Landwirt Zdeněk Hrdlička aus Dolánek nad Ohří. Dass die Pflanzen erfrieren könnten, ist ein Risiko, dass er bewusst eingeht.
Auch die Verbraucher bekommen den verspäteten Frühjahrsbeginn in den Geschäften zu spüren. Da die Zeit drängt, werden die Landwirte sämtliches Gemüse gleichzeitig säen und nicht wie üblich nacheinander. In einem kurzen Zeitraum wird dann die gesamte Frühjahrsproduktion auf den Markt drängen. Ein Überangebot und sinkende Preise drohen. „Die Leute werden zwar verstärkt zum Frühlingsgemüse greifen, aber es wird einfach zu viel auf einmal geben“, so Zeman.
Ebenso problematisch ist die Situation beim Getreide. Auch hier hinkt man mindestens drei Wochen hinterher. In den Kernregionen Mährens oder an der Elbe ist die Getreidesaat normalerweise Ende März schon in der Erde. Dieses Jahr wurde damit noch gar nicht begonnen. „Man kann mit Sicherheit sagen, dass diese große Verzögerung bei den Landwirten zu Verlusten führen wird. Die verkürzte Vegetationsperiode bedeutet nämlich niedrigere Erträge“, so der Präsident der tschechischen Agrarkammer, Jan Veleba. Seiner Meinung nach müssen auch die Kartoffelbauern mit Verlusten rechnen: „Bis die Kartoffeln gesät und geerntet sind, wird der Markt längst mit Frühkartoffeln aus dem Ausland überschwemmt sein“, so Veleba.
Etwas entspannter ist die Situation beim Obst. Zwar ist auch hier die Natur rund drei Wochen im Rückstand, wodurch sich die Ernte von Äpfeln, Kirschen oder Erdbeeren entsprechend nach hinten verschiebt. Auf Qualität und Menge der Erträge sollte das kalte Wetter aber keinen nennenswerten Einfluss haben, die Pflanzen haben keine Schäden erlitten. „Der Winter war nicht extrem, was die Tiefsttemperaturen angeht“, so Martin Ludvík, Vorsitzender des tschechischen Obstbauernverbandes. Größere Sorgen bereiten ihm die tückischen Spätfröste. So haben die „Eisheiligen“ Mitte Mai des vergangenen Jahres die Obsternte vor allem in Mähren drastisch dezimiert. Auch die Imker warten sehnsüchtig auf die Wärme. Der lange Winter hat die Bienen geschwächt, deren Nahrungsvorräte zur Neige gehen. Im April, so eine alte tschechische Imkerweisheit, wird „ausgeschwärmt oder gestorben. Bei der jetzigen Wetterlage droht nach Aussagen des Tschechischen Bienenzüchterverbands die Variante Sterben.
Bekenntnis zu Břeclav
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