Stadt? Land? Fluss!

Sommerliche Erlebnisse an, auf und in der Moldau. Fünf Erfahrungsberichte

22. 5. 2013 - Text: Christian Müller-BreitenkampTexte: Christian Müller-Breitenkamp und Nancy Waldmann; Foto: sk8geek

Skifahren zu Wasser
Skifahren auf der Moldau? In Davle, 15 Kilometer südlich von Prag, erfüllt Jindřich Havlík sich und anderen diesen Traum. Gleich neben der Hauptstraße und kurz vor der Mündung der Sázava in die Moldau hat er mit seinem Hausboot angelegt, in dem er wohnt und seine Wasserski- und Wakeboard-Anlage betreibt. Als kompletter Anfänger sitze ich in Havlíks Wohnzimmer und erhalte eine Einweisung in diese rasante Sportart. Es kommt darauf an, die richtige Startposition zu finden. Angezogene Knie, Hände an der Leine. Als ich mit Neopren-Anzug und Ski im Wasser bin, merke ich, dass das viel komplizierter ist, als ich dachte. Die Ski scheinen ein Eigenleben zu entwickeln, sobald sie einmal im Wasser sind. Sie schwimmen nach oben und meine Beine mit. Das macht es schwer, eine stabile Startposition zu finden. Havlík ruft vom Boot, ich solle nicht rudern.

Das Moldauwasser ist unglaublich kalt, so dass ich nach einigen Minuten kein Gefühl mehr in meinen Händen habe. Durchgeforen kehre ich zum Boot zurück. „Das ist normal“, beruhigt mich Havlík danach, „du bist nicht der erste, dem es so geht.“ Man müsse etwas üben, sich mit den Ski im Wasser zu koordinieren und die Ruhe zu finden. Das werde ich tun, denke ich mir, als ich wieder in trockenen Sachen stecke – sobald das Wasser wärmer ist! Wer sich versuchen möchte in der Hatz übers Wasser, dem empfehle ich einen Besuch während der Hochsommermonate. Zur Orientierung: Für Anfänger genügen 7 bis 9 Minuten, erfahrene Wasserski-Fahrer bleiben bis zu 25 Minuten auf dem Wasser.

Davle, Kiliánská ulice, Tel.: 608 444 098, geöffnet: Ende April bis Ende September, Mo./Di. 14–19 Uhr, Mi.–Sa. 10–12 und 14–19 Uhr (sonntags geschlossen), Preis: 35 CZK/min, Bus ab Smíchovské nádraží

Baden – einfach trauen!
Nein, die Moldau ist kein Badefluss. Vielleicht noch nicht. Badestellen sind schwer zu finden. Wellenbrecher am Ufer machen den Fluss für Schwimmer schwer zugänglich. Die Moldau ist eben eine Wasserstraße. Die wenigen Stellen, wo das Ufer flach abfällt, zum Beispiel oberhalb der Eisenbahnbrücke am Vyšehrad, sind von Schwänen und Möwen okkupiert. Einheimische empfehlen ihr „Strandbad“ Žluté lázně am Podolí-Ufer mit Sandstrand, Beachvolleyball-Areal und Strandbar. Wobei sich auch dort die meisten Prager eher sonnen, als sich in den Fluss zu trauen. Es ist noch ziemlich kalt. Und die Autobahn von gegenüber schallt laut hinüber. Sei es drum, für Flussbader ist Žluté lázně eine einschlägige Adresse. 

Žluté lázně, mit Kinderbecken, Podolské nábřeží 3, Prag 4, Eintritt ab 80 CZK, Straßenbahnlinien 3 und 17, Haltestelle Dvorce, www.zlutelazne.cz

Wandern durch den Vltava Canyon
Das Moldautal ist nördlich von Prag der berühmten amerikanischen Schlucht nicht unähnlich. Die Felsen recken sich so steil nach oben, dass sie an vielen Stellen mit Gittern und Zäunen gebändigt wurden, um die im Tal verlaufende Bahntrasse vor Steinschlag zu schützen. Kralupy, 30 Kilometer von Prag entfernt, ist ein Startpunkt, sowohl für Rad- als auch für Fußwanderer. Vom Bahnhof kommend überquert man die Brücke zum Ostufer, wo der Weg meist nah am Wasser verläuft. Mal asphaltiert, dann Feldweg und wenig schattig. An schönen Tagen ist hier viel Verkehr: Radfahrer in schicken Trikots, Inline-Skater sausen vorbei. Verschnaufen bei einem Eis auf der Höhe von Dolany. Dahinter ist weniger Trubel, der Weg geht über in einen schmalen steinigen Pfad.

Abschnitte mit dichtem Grün spenden ersehnten Schatten. Neben dem Wanderpfad fällt das Ufer steil nach unten ab und gibt den Blick frei. Jeden halben Kilometer treibt ein dicker, toter Fisch bäuchlings im Wasser vorbei. Es klingelt. Wieder wollen Radfahrer vorbei, der Verkehr ist nur in eine Richtung möglich. Ein Inline-Skater geht vorbei, er trägt seine Rollschuhe in der Hand. Oben auf einem Felsen steht reglos ein Reh und blickt auf den Bahnhof Řež hinab. Elf Kilometer von Kralupy entfernt verläuft hier die erste Brücke rüber zur Bahnstrecke. Einmal pro Stunde fährt ein Zug.

Kralupy nad Vltavou, Züge stündlich vom Masaryk-Bahnhof  (Masarykovo nádraží)

Der Fluss durchs Bierglas
Wer die Moldau bei einem Bier oder einer Himbeerbrause genießen möchte, tut dies am besten in einem der Biergärten am Flussufer. Der Biergarten im Letná-Park auf dem Hügel über der Moldau besticht durch sein besonderes Flair. Für 28 Kronen kann man hier ein wohl temperiertes Zehner genießen. Vom Platz unter einem der blühenden Kastanienbäume schweift der Blick über die Prager Altstadt bis nach Žižkov zum Fernsehturm.

Nähe zum Wasser bietet das Ufer am Palackého náměstí. Mehrere Schiffe liegen an, die zu schwimmenden Bars umfunktioniert wurden. Der Uferabschnitt hat sich zur Kultur- und Partyzone etabliert: Live-Konzerte auf dem Trottoir, Kunst in der „Avoid Gallery“. Radfahrer können im „Bike Azyl“ ihr Rad reparieren lassen und sich ein Helles gönnen.

Biergarten Letná-Park, Letenské sady, Prag 7, Straßenbahnlinien 1, 8, 15, 25, 26, Haltestelle Letenské náměstí

Moldauufer Rašínovo nábřeží, Prag 2, Straßenbahnlinien 3, 7, 17, Haltestellen Paláckého náměstí oder Výtoň

Stadtansichten aus dem Boot
Gleichzeitig beide Flussufer erleben – das geht vom Boot aus. Ausleihen gibt es an mehreren Orten. Ein Boot auf der Slaweninsel direkt im Stadtzentrum zu mieten, ist spontan möglich, allerdings zahlt man einen vergleichsweise hohen Preis von 8 Euro pro Stunde und muss sich an schönen Tagen anstellen. Am Abend ist in der Regel alles einfacher und sowieso schöner. In einer „Nussschale“ durch die atemberaubende Kulisse zu treiben – zur Linken die beleuchtete Burg, die Jugendstilfassaden der Altstadtseite zur Rechten – gehört zu dem Besten, was die Moldau zu bieten hat. Günstiger kann man die ganze Stadt im Boot ab Smíchov durchqueren. Zweier-Kanus sind am Smíchover Ufer schon ab 7 Euro am Tag zu haben.

Bootsverleihe:

Slaweninsel (Slovanský ostrov), „U Kotvy“, Prag 2, Ruderboot ab 200 CZK pro Stunde

„Vodácký ráj”, Císařská Louka 27, Prag 5, geöffnet: Mo.–Fr. 10–18 Uhr, Sa./So. 10–20 Uhr, Tel. 603 441 272, www.vodackyraj.cz