Auf gute Geschäfte
Premier Nečas wirbt in Russland für intensivere Wirtschaftsbeziehungen
29. 5. 2013 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: čtk
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Tschechien und Russland entwickeln sich gut. Damit das so bleibt, reiste Regierungschef Petr Nečas (ODS) gemeinsam mit Wirtschaftsminister Martin Kuba (ODS) und rund 80 Unternehmern in den vergangenen Tagen nach Moskau, Sotschi, Sankt Petersburg und Jekaterinburg. In den Gesprächen mit Ministerpräsident Dmitri Medwedew und Präsident Wladimir Putin ließ Nečas keinen Zweifel daran, wie wichtig ihm Russland als „strategischer Wirtschaftspartner“ und das „große Potential für tschechische Investitionen“ ist.
Das zeigte er auch vor Journalisten in Moskau. Auf die Frage eines Redakteurs der oppositionellen Zeitung „Nowaja Gaseta“, ob er seine im vorigen Jahr geäußerte Ansicht über den Fall Pussy Riot weiterhin vertrete, antwortete Nečas zwar mit finsterer Miene, aber dennoch zustimmend. Damals hatte Tschechiens Regierungschef gesagt, die Unterstützung tschechischer Politiker für die regierungskritische russische Musikgruppe würde den Export des Landes bedrohen. Außenminister Karel Schwarzenberg hatte daraufhin kritisch angemerkt, beim Export tschechischer Waren an große Wirtschaftsnationen solle also die Frage der Menschenrechte „über Bord geworfen“ werden.
„Wahrer Geldsegen“?
„Eine orthodoxe Kirche zu schänden, betrachte ich nicht als Symbol des Kampfes für Freiheit und Menschenrechte“, sagte Nečas während des Pressegesprächs. Laut einer Erklärung des tschechischen Regierungsamtes habe er aber auch deutlich gemacht, „dass aus unserer Sicht die Strafe dafür unangemessen und unnötig hart ist.“ Ein Bandmitglied von Pussy Riot war im Vorjahr nach der Protestaktion gegen Putin zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen „Rowdytums aus religiösem Hass“ verurteilt worden.
Während der Russland-Reise unterzeichneten tschechische Unternehmer Verträge mit einem Volumen von mehreren hundert Millionen Euro. Die größten Aufträge sind dabei in den Bereichen Maschinenbau und Energiewirtschaft angesiedelt. Indes machte Medwedew keinen Hehl daraus, welchem Auftrag er in Tschechien am liebsten nachkommen würde, und versuchte seinen tschechischen Amtskollegen mit verlockenden Aussichten zu ködern. Falls den Ausbau des Atomkraftwerks im südböhmischen Temelín das tschechisch-russische Konsortium der Firmen Škoda JS, Atomstrojexport und Gidropress übernimmt, würde die tschechische Wirtschaft einen wahren Geldsegen erfahren. Russland wolle in diesem Fall bis zu sechs Milliarden Euro in Tschechien investieren, versprach Medwedew. „Ein solches Vorgehen ist mit den Regeln des wirtschaftlichen Wettbewerbs in Tschechien und der EU nicht zu vereinbaren“, echauffierte sich Mike Kirst, Vizepräsident des japanisch-amerikanischen Konsortiums Westinghouse, dem einzig verbliebenen Mitbieter. Nečas beschwichtigte und versprach einen „transparenten und objektiven“ Vergabeprozess.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“