„Es lohnt sich gerade jetzt Immobilien zu kaufen“
Manfred Koller, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der ČMSS, über die Chancen, günstig Immobilien zu erwerben
17. 10. 2012 - Interview: Bernd Rudolf, Foto: Srdcerváči
Mit 0,25 Prozent befinden sich die Leitzinsen in Tschechien auf dem niedrigsten Stand in der Geschichte des Landes. Auch in Zukunft erwarten Experten kaum eine Steigerung. Für Leute, die planen, sich demnächst ein Häuschen zu bauen oder eine Wohnung zu kaufen, können die Zeiten nicht besser sein, weil die Immobilienpreise in Tschechien zur Zeit rückläufig sind. Bernd Rudolf sprach mit Manfred Koller, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Böhmisch-Mährischen Bausparkasse (Českomoravská stavební spořitelna, ČMSS), über die Renaissance des Bausparens, niedrige Zinsen und darüber, ob auch den Tschechen eine Immobilienblase droht.
Die Zinssätze in Tschechien befinden sich auf dem niedrigsten Stand in der Geschichte der jungen Republik. Gibt es in Tschechien derzeit einen Immobilienboom?
Koller: Anders als in Deutschland erleben wir in Tschechien derzeit keinen Boom. In der Bundesrepublik ist der Markt überhitzt, viele Leute haben Angst um ihr Geld und investieren in Immobilien. Gleiches gilt für Kapitalgesellschaften. In Tschechien dagegen verzeichnen wir einen Rückgang beim Neubau von Wohnungen. Vor allem größere Wohnungen sind nicht mehr so gefragt.
Wer heute eine Immobilie kaufen will, müsste doch jetzt optimale Bedingungen vorfinden.
Koller: Ich kann wirklich einen Immobilienkauf empfehlen, um die Zinsgarantien der Finanzgesellschaften auszunützen. Allerdings haben 90 Prozent der tschechischen Kunden der Hypothekenbanken eine nur fünf Jahre laufende Verschreibung/Festschreibung ihrer Hypothekenzinsen. Damit erhöht sich ihr Risiko, falls die Zinsen wieder steigen, für ihre Kredite mehr bezahlen zu müssen.
Lange Zeit galt der Bausparvertrag als „spießige“ Geldanlage. Aktien oder riskante Papiere waren gefragter. Feiert Bausparen eine Renaissance?
Koller: Manche Kunden greifen wieder auf das Produkt zurück, nachdem sie von Aktien und anderen Finanzanlagen enttäuscht wurden. Zudem ist Bausparen immer attraktiv, da wir zum Beispiel recht hohe Erträge aus den Einlagen, und zwar nicht nur infolge der staatlichen Unterstützung des Bausparens, garantieren können.
Die Regierung hat die Förderung jedoch von 15 auf 10 Prozent gesenkt.
Koller: Trotzdem sind die Erträge aus unseren Bausparprodukten unschlagbar. Derzeit rechnen sich die Bausparverträge mit etwa fünf Prozent, die Rendite unseres neuen Tarifs liegt sogar über 5 Prozent. Daher kann man heute sagen, dass der Bausparvertrag ein Produkt mit dem höchsten Garantiezins ist.
Kann man sagen – da die Hypothekenzinsen nun auch in Tschechien auf einem niedrigen Niveau liegen, dass hierzulande bald eine Immobilienblase wie in Spanien droht?
Koller: Auch in Spanien waren die Zinsen vor der Krise sehr günstig, viele Investoren stiegen ein, der Markt war überhitzt und als die Verzinsung der Hypothekendarlehen stieg, mussten viele Leute verkaufen, weil sie die Kredite nicht mehr zurückzahlen konnten. Daraufhin sind die Immobilienpreise gesunken und der Markt ist zusammengebrochen. In Tschechien dagegen hat die Nachfrage nach Immobilien – nachdem es noch im Jahr 2007 einen regelrechten Boom gab, immer mehr abgenommen. Zudem werden die meisten Projekte anders als in Spanien nicht zu 100 Prozent fremdfinanziert. Der Einbruch auf dem tschechischen Immobilienmarkt hat sich natürlich auch auf die Kreditwirtschaft ausgewirkt. Viele Tschechen haben lieber gespart als Kredite und Hypotheken aufgenommen.
Trotzdem hat sich das Finanzierungsvolumen im vergangenen Jahr wieder erhöht.
Koller: Das liegt nur daran, dass bei manchen Kunden, die vor vier oder fünf Jahren ihre Dalehensverträge abgeschlossen hatten, die Zinsfestschreibungen u.s.ä. abgelaufen sind. Sie haben daher ihre Darlehen refinanziert. Die Zahl der Neukunden dagegen hat sich nicht erhöht.
Wie kann man den durchschnittlichen tschechischen Sparer charakterisieren?
Koller: Was die Geldanlage betrifft, sind die Kunden in Tschechien – wie übrigens auch in Deutschland – eher konservativ eingestellt. Man spart lieber als dass man sich verschuldet. Daher ist der Bausparvertrag in Tschechien auch so beliebt.
Oft hört man von Leuten, die viel Geld bei riskanten Anlageprodukten verloren haben. Wie beurteilen Sie im Allgemeinen die Wirtschaftskenntnisse der Tschechen?
Koller: Die sind wie fast überall schlecht. Um die Kunden zu schützen, hat die Europäische Union daher seit 1. Januar den Finanzberatern Auflagen gemacht. So müssen unter anderem Verkaufsgespräche protokolliert werden. Wie genau ein Protokoll geführt werden muss, kann jedes EU-Land jedoch selbst entscheiden.
Wie verlief das bisherige Geschäftsjahr für die ČMSS?
Koller: Wir konnten in drei Quartalen dieses Jahres unser Darlehensvolumen bei einem sinkenden Markt um 10 Prozent steigern. Dadurch ist es gelungen, unsere führende Stellung in Tschechien weiter zu stärken.
Bekenntnis zu Břeclav
Drastische Maßnahmen