„Immer 100 Prozent geben“
Frauen-Volleyball ist in Deutschland populär wie nie. Und Michaela Mlejnková ist mittendrin
4. 3. 2021 - Interview: Klaus Hanisch, Titelbild: Vince Fleming
PZ: Sie wurden mit Stuttgart zwischen 2016 und 2018 dreimal Vizemeister. Vor den Play-offs liefert sich Allianz MTV Stuttgart gerade ein spannendes Rennen mit dem SC Dresden um die Spitzenposition in der Frauen-Bundesliga. Wären Sie sehr enttäuscht, wenn es in dieser Saison wieder nur der zweite Platz werden sollte?
Michaela Mlejnková: Wenn ich weiß, dass ich alles dafür getan habe, um zu gewinnen und der Gegner am Ende besser war, werde ich Bravo sagen und ihm meinen Glückwunsch aussprechen. Ich denke, wenn man 100 Prozent gibt und es am Ende trotzdem nicht reicht, muss man das einfach akzeptieren und weitermachen. Alles hat seinen Grund!
Spiele in der Frauen-Bundesliga sind oft ausverkauft, in normalen Zeiten gibt es meist mehr Zuschauer als in der Volleyball-Bundesliga der Männer. Jetzt sind die Ränge wegen Corona leer, trotzdem beendete Stuttgart kürzlich den Triumphzug von Dresden mit zwölf Siegen in Folge, gewann das Spitzenspiel souverän und glatt mit 3:0. Vermissen Sie das Publikum überhaupt?
Natürlich vermisse ich das Publikum! Die Zuschauer sind für uns wie ein zusätzlicher Spieler und bringen uns dazu, noch besser zu spielen. Besonders in Phasen, in denen es für uns nicht so gut läuft, wissen wir, dass sie da sind und uns helfen, wieder ins Spiel zu kommen. Diese Saison ist einfach sehr spezifisch und jeder muss sich daran gewöhnen. Ich hoffe wirklich sehr, dass die nächste Saison normal verlaufen wird. Von Anfang an.
Beim 3:0-Sieg der Stuttgarter kürzlich in Aachen wurde im dritten Satz mit 42:40 ein neuer Rekord für die Bundesliga aufgestellt. Normalerweise endet ein Satz im Volleyball bei 25 Punkten. Stuttgarts Trainer und die Sportchefin klagten hernach über die hohe nervliche Belastung für sie. Wie haben Sie diesen 82 Punkte-Rekordsatz als Spielerin auf dem Parkett erlebt?
Das war tatsächlich ein total verrückter Satz … Ja, es war auch für mich ein bisschen stressig. Ich denke, er kam zustande, weil wir alle in diesem Satz vermeidbare Fehler gemacht haben.
Allianz MTV ist immer noch amtierender Meister, weil die Saison letztes Jahr wegen Corona abgebrochen wurde. Stuttgart gewann 2019 den Titel, unmittelbar nachdem Sie den Verein nach den drei Vize-Meisterschaften verlassen hatten. Hat Sie das sehr geärgert?
Über die Jahre, die ich zuvor hier war, waren wir immer kurz davor, den Titel zu gewinnen. Nein, es hat mich daher nicht geärgert. Ich habe mich für den Verein gefreut, denn nach all den Silbermedaillen hatte er es einfach verdient. Und es war nur eine Frage der Zeit, wann dies passieren würde.
Sie spielten ab 2015 und schon mit 19 Jahren für Stuttgart, ab 2018 dann zwei Jahre lang in Polen. Corona beeinträchtigt nicht nur den Volleyball-Sport, sondern Leben und Alltag generell. Stimmt es, dass Sie im vorigen Jahr auch wegen des Gesundheitssystems in Deutschland nach Stuttgart zurückgekehrt sind?
Zu dem Zeitpunkt, als ich mich entschied, wo ich künftig spielen werde, war Stuttgart für mich die beste Option. Und ja, es stimmt: Sicherheit und die Gewissheit, in dieser gesundheitlich schwierigen Zeit möglichst sicher zu sein, spielten auch eine Rolle, dass ich mich entschied, wieder hierher zurückzukommen.
Corona beeinträchtigte auch die Champions League. Allianz MTV schlug sich im Februar trotz des Ausscheidens in der Gruppenphase achtbar gegen die Besten in Europa, Sie wurden im Spiel gegen Kaliningrad gar zur wertvollsten Spielerin gewählt. Dort war auch der Spielort, doch Masken dienten angeblich eher als Mode-Schmuck und nicht als Schutz. Hatten Sie Angst, war die mangelhafte Einhaltung der Corona-Regeln auch ein Grund dafür, dass der Einzug ins Viertelfinale nicht gelang?
Nein, ich fühlte mich ziemlich sicher. Und ich verspürte dort endlich etwas mehr Freiheit, das Leben war wieder ein bisschen normaler. Das war sicher nicht der Grund, warum wir uns nicht für das Viertelfinale qualifiziert haben. Die entscheidenden Spiele waren die beiden gegen Eczacıbaşı Istanbul, wo wir wirklich gut spielten, jedoch zweimal verloren, obwohl wir eigentlich 3:1 hätten gewinnen müssen.
Volleyball stellt die stärkste Frauen-Profiliga in Deutschland. Weder Fußball noch Handball oder Basketball haben solche Etats. Zudem gibt es immer mehr Sponsoren und zunehmend mehr Übertragungen im Fernsehen. Gibt es diesen Boom auch im tschechischen Frauen-Volleyball?
In Tschechien ist es so, dass es von fast jedem Volleyball-Spiel einen Stream im Internet gibt. Im Fernsehen wird allerdings immer nur montags ein Spiel übertragen, entweder von den Männern oder von den Frauen.
Das Frauen-Nationalteam war zuletzt erfolgreich. Tschechien gewann die European Golden League, spielte im Finale des „FIVB Volleyball Women’s Challenger Cup“ in Peru und schlug sich trotz dreier Niederlagen auch bei der Olympia-Qualifikation in China achtbar. Welches Ziel haben Sie mit dem Nationalteam?
Das größte Ziel für uns ist in dieser Saison die Qualifikation für die Europameisterschaft 2021. Danach werden wir versuchen, den Titel der letzten Golden League zu verteidigen.
Gepostet von Michaela Mlejnková am Donnerstag, 24. Mai 2018
Die tschechische Handballerin Markéta Jeřábková führte im Gespräch mit der „Prager Zeitung“ („Der Heimvorteil zählt“) den Einfluss ihrer Familie als wichtigen Grund dafür an, dass sie Leistungssportlerin wurde. Spielte die Familie auch bei Ihnen eine Rolle?
Tatsächlich war das auch bei mir der Fall. Mein Vater war schon Volleyballspieler, er ist jetzt Trainer für junge Spielerinnen. Und er war mein erster Trainer. Also ja, wie bei Markéta war meine Familie dabei auch für mich sehr wichtig.
Ohne den Einfluss ihres Vaters hätten Sie mit Ihrer Körpergröße von 1,85 Meter auch – zum Beispiel – Hochspringerin werden können. Haben Sie auch einmal daran gedacht?
Ich habe tatsächlich auch Leichtathletik gemacht und war eine wirklich gute Werferin. Ich war nah dran, Speerwerferin zu werden. Weil mein Vater aber selbst Volleyball spielte und ich ihn die ganze Zeit begleitete, habe ich mich letztendlich doch dafür entschieden, nur noch Volleyball zu spielen.
Volleyball gilt als modern und attraktiv – und ebenso die Spielerinnen. Der Slogan Ihres Vereins lautet etwa „Stuttgarts schönster Sport“. Immer wieder gibt es Bildergalerien und Foto-Strecken im Internet oder in Magazinen mit den schönsten Volleyballerinnen der Welt. Sehen Sie das als Wertschätzung oder eher als Belästigung?
Ich finde es ganz okay, wenn man einen schönen Körper hat. Warum solltest du ihn dann nicht zeigen?
In West-Deutschland bekam Volleyball vor allem durch die Olympischen Spiele 1972 in München großen Auftrieb. Die DDR war schon 1970 bei den Männern Weltmeister und wurde 1983 und 1987 Europameister bei den Frauen. Doch in den letzten Jahrzehnten wurde Beachvolleyball hierzulande immer beliebter. Sehen Sie Beachvolleyball als Konkurrenz?
Für mich ist das ein ganz anderer Sport. Ich habe es im Sommer oft versucht. Beachvolleyball erfordert ziemlich viel Kondition. Man spielt die meiste Zeit draußen, deshalb hat der Wind einen großen Einfluss. Und es ist auch deshalb nicht einfach, weil auf dem großen Feld nur zwei Spieler eine Mannschaft bilden. Man muss mental sehr stark sein, zum Beispiel wenn der Gegner immer nur auf einen Spieler serviert und der Teamkollege nichts tun kann, um ihm zu helfen.
Sie gehören zu den Besten in der Frauen-Bundesliga, wohl auch in Europa, und haben nur einen Ein-Jahres-Vertrag in Stuttgart unterschrieben. Bleiben Sie auch nächste Saison am Neckar?
Im Augenblick kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich will mich jetzt erst einmal auf den wichtigsten Abschnitt dieser Saison konzentrieren. Danach werde ich entscheiden, wie es weitergeht und eine Antwort darauf suchen.
Sommerfrische in der Steiermark
Mediale Grenzgänger