„Eine wichtige Zeit“
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„Eine wichtige Zeit“

Niklas Dorsch: erst Deutsch-Tschechische Fußballschule, jetzt Eliteklasse

13. 8. 2021 - Interview: Klaus Hanisch, Titelbild: FC Augsburg

Niklas Dorsch, geboren 1998 im oberfränkischen Lichtenfels, besuchte zwischen seinem neunten und zwölften Lebensjahr die Deutsch-Tschechische Fußballschule (DTFS). Danach spielte er für die Junioren des 1. FC Nürnberg und FC Bayern München, erzielte für den Rekordmeister im April 2018 sein erstes Bundesliga-Tor. Im Juni dieses Jahres feierte der defensive Mittelfeldspieler mit der deutschen U21 seinen bisher größten Erfolg: Europameister. Ein paar Wochen später wechselte der Jungstar dann vom belgischen Erstligisten KAA Gent in die deutsche Bundesliga. Beim FC Augsburg unterschrieb er einen Fünfjahresvertrag. Im PZ-Interview spricht der 23-Jährige über „wertvolle Erfahrungen“ in der DTFS, unsinnige Vergleiche mit Bastian Schweinsteiger und seine Entscheidung gegen Olympia.

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PZ: Für Sie passt 2021, wie die Franken sagen: erst U21-Europameister, jetzt Bundesliga beim FCA. Noch immer ist Corona nicht aus der Welt. Mit welchen Hoffnungen und Erwartungen gehen Sie in die neue Bundesliga-Saison?
Niklas Dorsch: Natürlich hoffe ich, dass wieder Fans ins Stadion kommen. Davon leben wir, davon lebt der Fußball. Deshalb hoffe ich, dass wir es hinkriegen und das Virus so in Grenzen halten, dass Fans wieder dauerhaft erlaubt sind. Darauf freut man sich als Spieler jetzt am meisten.

Sie haben für den FC Bayern ein Bundesligaspiel absolviert und kommen nun nach Umwegen über die Zweite Liga und das Ausland zurück in die höchste deutsche Liga. Welche Ziele haben Sie persönlich für die neue Spielzeit?
Ich will mich jetzt auf Top-Niveau in Deutschland zeigen und beweisen. Dafür will ich beim FC Augsburg eine wichtige Rolle einnehmen, auch als Neuzugang. Und natürlich möglichst erfolgreich starten, um eine gute Ausgangsposition für den Rest der Saison zu haben.

Am Anfang Ihrer Karriere stand die Deutsch-Tschechische Fußballschule, in der Sie ab 2006 für drei Jahre waren. Was haben Sie dort gelernt?
Es war interessant, mit tschechischen Jungs zusammenzuspielen, die man sonst nicht gut kannte. Wir haben Top-Turniere gespielt, gegen tolle Mannschaften aus Deutschland und Tschechien. Es war eine zusammengewürfelte Truppe und spannend zu sehen, wie wir mithalten konnten. Die Schule war mit Sicherheit eine sehr wichtige Erfahrung in meiner Karriere. Dort gab es auch die Chance, sich für größere Vereine zu empfehlen – und genauso kam es für mich. Ich konnte den Schritt ins Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Nürnberg machen.

Niklas Dorsch (links) im Dress der DTFS | © privat

War die Schule also ein Sprungbrett für Ihre weitere Karriere? Nach dem Club kam ja noch der FC Bayern.
Sie bot eine gute Möglichkeit, sich zu zeigen, weil wir eben gegen die größten deutschen Vereine gespielt haben. Das war damals mit meinem Heimatverein nicht möglich [Niklas Dorsch war parallel Spieler des FC Baiersdorf; Anm. PZ]. Deshalb war ich sehr dankbar, dass ich diese Chance bekam. Davor musste man sich natürlich erst selbst beweisen. Aber ich denke, das ist mir ganz gut gelungen. Ich blicke sehr gerne und positiv auf diese Zeit zurück, auch auf die Mitspieler und Trainer von damals. Es war, alles in allem, eine tolle Zeit in dieser Schule.

Leitidee der Schule ist, die deutsch-tschechische Freundschaft zu fördern. Deshalb spielen auch Deutsche und Tschechen in einer Mannschaft. Haben Sie bis heute Freunde in Tschechien?
Nein, Freunde habe ich keine mehr aus dieser Zeit. Man verliert sich über die Jahre aus den Augen. Auch weil man nicht die gleiche Sprache gesprochen hat. Wir Deutschen hatten allerdings die Möglichkeit, in einem Tschechisch-Kurs die Sprache zu lernen. Zumindest die Basics, um sich auf dem Fußballplatz zu verständigen. Das war top. Ich bin froh, dass ich dort in sehr jungen Jahren viele wertvolle Erfahrungen sammeln konnte. Ich erinnere mich gerne an eine Reise mit der Schule nach Moskau. So was erlebt man in diesem Alter normalerweise nicht. Dafür war ich sehr dankbar. Und das hat mir geholfen und mich sicher weitergebracht.

In welcher Form hat das geholfen, welche Erfahrungen meinen Sie konkret?
Vor allem den Austausch mit tschechischen Spielern und anderen Ausländern. Und die Möglichkeit eben, damals schon Turniere auf Top-Niveau zu spielen. Was will man als Spieler in jungen Jahren mehr, als sich mit den Besten seines Alters zu messen?

Wie funktionierte es auf dem Platz mit der Sprache, war der Tschechisch-Kurs nicht zu wenig für ein erfolgreiches Zusammenspiel?
Auf dem Platz spricht man nicht viel. Dort genügen kurze Kommandos. Und die konnten wir, dafür hatten wir diesen Kurs gemacht. Ansonsten schweißt der gemeinsame Erfolg zusammen; auch den hatten wir.

Till Schumacher war Kapitän der Jugend von Borussia Dortmund und wurde Deutscher Meister (PZ-Interview). Danach ging er in die erste tschechische Liga. Haben Sie nach Ihren Erfahrungen in der Deutsch-Tschechischen Fußballschule mal daran gedacht, auch dorthin zu wechseln?
Nein, ehrlich gesagt überhaupt nicht. Die Schule war in jenem Alter eine tolle Geschichte. Aber als deutscher Spieler sah ich meine Zukunft immer hier. Deswegen war es für mich ein logischer Schritt, hier zu bleiben.

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Allerdings machten Sie nach der Station Heidenheim in der 2. Bundesliga einen Zwischenschritt nach Belgien. In Tschechien hätte es auch Champions-League-Teilnehmer wie Slavia und Sparta Prag oder Viktoria Pilsen gegeben.
Dieser Gedanke kam auch deshalb nicht auf, weil nach der Schule kein weiterer Kontakt nach Tschechien bestand.

Sie wurden nach der U21-EM bereits als neuer Schweinsteiger bezeichnet, wegen Ihres aufopferungsvollen Einsatzes wie Schweinsteiger bei der WM 2014. Werden Sie der neue „Schweini“?
Nein. Ich will mich mit keinem vergleichen oder verglichen werden. Es ist zwar schön, das zu hören, auch weil es eine gewisse Wertschätzung ausdrückt. Aber ich bin Niklas Dorsch. Ich versuche, in jedem Spiel meine Stärken einzubringen. Daher bin ich froh, wenn am Ende alle sagen, das ist Niklas Dorsch und nicht der nächste Bastian Schweinsteiger.

Viele hatten der deutschen U21 den EM-Titel im Sommer nicht zugetraut. Wie überrascht waren Sie vom Triumph?
Gar nicht. Wenn ich nicht daran geglaubt hätte, dann hätte ich überhaupt nicht antreten brauchen. Wir hatten natürlich auch die Diskussion über irgendwelche Marktwerte von Spielern mitbekommen. Und über Spieler aus anderen Nationen, die auf höherem Niveau spielen als wir. Wir wussten aber auch, dass wir als Mannschaft viel erreichen können. Genau das haben wir uns vorgenommen und genau das haben wir auch gezeigt.

Trainer Stefan Kuntz berief Sie anschließend auch in sein Aufgebot für die Olympischen Spiele in Tokio, doch als Neuzugang blieben Sie lieber in Augsburg. Das Turnier verlief für Deutschland mit dem Aus in der Gruppe enttäuschend. Waren Sie am Ende ganz froh, dass Sie nicht dabei waren?
Nein, gar nicht. Es war für mich nicht einfach, diese Entscheidung zu treffen und nicht nach Tokio mitzufahren. Aber meine Zukunft liegt beim FC Augsburg, daher war es wichtig, hier so schnell wie möglich anzukommen und die Abläufe kennenzulernen, um 100 Prozent da zu sein, wenn es losgeht. Deswegen war es eine vernünftige und richtige Entscheidung. Dass es für die Mannschaft bei Olympia nicht gut gelaufen ist, tut mir persönlich sehr leid. Ich hätte dem Trainerteam und vor allem Stefan Kuntz einen Erfolg dort extrem gegönnt. Und natürlich auch den Jungs, von denen ich viele kenne und die es verdient gehabt hätten.

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Zum Auftakt im Pokal bildeten Sie eine Doppelsechs mit Jan Morávek (PZ-Interview). Ist das ein Modell für diese Saison, wie kommen Sie mit ihm aus?
Ich komme super mit ihm aus. Wir hatten im Trainingslager ein gemeinsames Zimmer und konnten uns relativ schnell kennenlernen. Mora ist ein sehr angenehmer und lieber Mensch, sehr professionell und ein toller Spieler. Ich fühle mich sowohl neben als auch auf dem Platz sehr wohl mit ihm.

Till Schumacher durfte in Dortmund schon als junger Spieler unter Leitung von Jürgen Klopp trainieren, Sie beim FC Bayern unter Erfolgstrainer Jupp Heynckes. War dies ein Antrieb oder eher eine Belastung, angesichts der vielen Stars in München, für Ihre weitere Karriere?
Jupp Heynckes gab mir das Gefühl, dass er junge Spieler sehr fördert. Er sagte eines Tages kurz und knapp: Dorschi, du trainierst jetzt bei uns mit. Es gibt Trainer, die auf junge Spieler setzen und andere, die damit nicht viel am Hut haben. Heynckes gehörte klar zu den ersten. Ihm habe ich auch mein erstes Bundesligaspiel zu verdanken [beim 4:1 gegen Eintracht Frankfurt im Frühjahr 2018 erzielte er den Führungstreffer; Anm. PZ].

Ihre Großmutter Rita wurde populär durch Ihren Gruß an sie während der EM. Sie betrieb früher eine Brauerei und jetzt ein Gasthaus im oberfränkischen Burgkunstadt. Beides klingt schwer nach Tschechien. Verläuft Ihr weiterer Karriereweg jetzt so: Augsburg, dann Nationalelf und eines Tages doch noch die tschechische Liga?
Das wohl eher nicht. So weit denke ich auch nicht in die Zukunft. Ich habe jetzt mein erstes Bundesliga-Jahr vor mir und will mich beweisen. Es war, wie gesagt, eine sehr schöne Zeit in der deutsch-tschechischen Schule, aber das ist nun definitiv abgeschlossen.

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