Haus ohne Hüter
Hunderte von neuen Wohnungen in der Hauptstadt stehen leer. Hohe Preise schrecken Interessenten ab
14. 8. 2013 - Text: Julia MiesenböckText: jm; Foto: crestyl
In Prag gibt es nach wie vor Hunderte von unverkauften Eigentumswohnungen. Wie aus einer Analyse mehrerer Immobiliengesellschaften hervorgeht, haben diese auch zwei Jahre nach ihrem Bau noch keinen Käufer gefunden.
Die Analysen der Immobiliengesellschaften gehen dabei weit auseinander. Nach Angaben des Developers Crestyl standen im ersten Halbjahr dieses Jahres insgesamt 6.182 Wohnungen auf dem Prager Immobilienmarkt. Neun Prozent davon seien vor über zwei Jahren fertiggestellt und seitdem nicht verkauft worden. 60 Prozent befänden sich noch im Bau oder als Entwurf auf dem Papier.
Die Baugesellschaft Trigema kommt zu anderen Ergebnissen. Ihren Zahlen zufolge konnte seit 2011 für rund 17 Prozent der angebotenen Objekte kein Käufer gefunden werden. 700 der zu verkaufenden Wohnungen seien im Jahr 2010 oder früher fertiggestellt worden.
Lässt sich eine Wohnung nicht verkaufen, wird sie von Developern als „ležák“, als „Ladenhüter“ bezeichnet. Genaue Kriterien für die Einstufung eines Objekts als Ladenhüter gibt es indes nicht. Für manche sind das Wohnungen, die seit Jahren leer stehen. Für andere können „ležáky“ auch schon auf dem Papier existieren. Derzeit schlummern Tausende von Entwürfen in den Schränken der Developer. Aufgrund mangelnden Interesses wurden sie bisher nicht umgesetzt.
Der Großteil der nur auf dem Papier existierenden Wohnungen gehört jedoch nicht den Immobiliengesellschaften, sondern Spekulanten. „Diese haben nicht die Absicht, Wohnungen zu errichten. Sie wollen lediglich Baugenehmigungen erwerben und diese dann gewinnbringend an die Immobiliengesellschaften verkaufen“, ist sich der Direktor des Developers Ekospolu Evžen Korec sicher. Ein typischer „ležák“ ist für ihn eine Zweizimmerwohnung mit Küchenecke im vierten Stadtbezirk von Prag, Baujahr 2009. Davon suchen derzeit 465 Exemplare einen Hüter.
Um die leerstehenden Wohnungen schnellstmöglich an den Mann zu bringen, sieht Marcel Soural, Geschäftsführer von Trigema, nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Anbieter senken die Preise oder sie vermieten die Räumlichkeiten, wenn sich kein fester Käufer findet. Die meisten Immobiliengesellschaften machen von der zweiten Möglichkeit Gebrauch. Mit der Vermietung wählen die Gesellschaften quasi das „kleinere Übel“ und es kommt wenigstens etwas Geld in die Kasse.
Immer mehr Verkäufer senken auch die überhöhten Preise. Im Durchschnitt kostete der Quadratmeter Wohnfläche im Juni rund 60.500 Kronen, viele Verkaufsverträge wurden mit weniger als 54.000 Kronen pro Quadratmeter abgeschlossen.
Trotzdem bezeugen die Developer eine Belebung des Prager Immobilienmarktes. Spricht Trigema von 2.410 verkauften Wohnungen seit dem ersten Halbjahr 2012, belegt Crestyl einen Verkauf von 2.735 Objekten – das entspräche einem Verkaufswachstum von 34 beziehungsweise 38,5 Prozent.
Nach Angaben des Internetportals „idnes.cz“ sind die Prager Immobilienpreise mit denen westeuropäischer Metropolen vergleichbar. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Prag entspricht etwa dem in Berlin oder Brüssel. Allerdings fallen die tschechischen Löhne wesentlich niedriger aus als in Westeuropa. Das bedeutet, dass sich die Prager zweimal überlegen sollten, ob sie sich eine eigene Wohnung leisten wollen.
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