Letzte Ruhe unterm Blätterdach
Im Stadtteil Ďáblice soll Prags erster Naturfriedhof entstehen
21. 8. 2013 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: F. Vincentz
Der Wald als Ort für Stille und Einkehr – immer mehr Menschen spielen mit der Idee, ihre letzte Ruhe unter einem Baum zu finden. Baumbestattungen und andere naturnahe Beerdigungsmöglichkeiten sind daher zunehmend gefragt. Eine Alternative zur klassischen Grabanlage will nun auch die Prager Friedhofsverwaltung (SPH) anbieten. Auf dem Gelände des Friedhofs im Stadtteil Ďáblice (Ďáblický hřbitov) plant sie, einen natürlichen Begräbnisort einzurichten. Wie der Leiter der Friedhofsverwaltung Martin Červený bekanntgab, könnte ein solcher Wald- und Wiesenfriedhof bereits im kommenden Jahr eröffnet werden.
„Eine Baumbestattung funktioniert so, dass man sich noch zu Lebzeiten einen Baum aussucht. Den Platz unter seinen Wurzeln mietet man dann sozusagen an und wenn man gestorben ist, wird man dort beerdigt“, erklärt Červený. Die Asche des Verstorben würde dabei direkt in die Erde geschüttet oder aber in einer biologisch abbaubaren Urne dem Waldboden übergeben. Im Vergleich zum herkömmlichen Friedhof gibt es keine Grabsteine oder Grabplatten, die an den Verstorbenen erinnern. Wie Červený ausführt, wird der alternative Bestattungsort ausschließlich aus Wiese, Bäumen und natürlichen Gewächsen bestehen: „Besucher können daher keine künstlichen Gestecke, Blumensträuße oder Kerzen mit ans Grab bringen. Dafür haben sie die Möglichkeit, Bäume und Sträucher anzupflanzen oder Wiesenblumen auszusäen.“
Für das Pilotprojekt ist laut Červený der verwilderte Abschnitt des Friedhofs in Ďáblice vorgesehen. Die Grabanlage im Prager Norden ist mit einer Fläche von 29 Hektar die zweitgrößte der Stadt. Der dort bestehende verwachsene Hain würde hierfür nicht stark verändert, sondern seinen urtümlichen Charakter behalten. Dementsprechend seien auch die Kosten für die Umsetzung minimal. „Entwurzelte und morsche Bäume sollen dem Ort seine besondere Note verleihen. Eine angelegte Rasenfläche wird es nicht geben“, so Červený.
Der Entwurf zum Wald- und Wiesenfriedhof stammt von Studenten der Brünner Masaryk-Universität. Im Ausland hätten sie alternative Friedhöfe besucht und seien so auf die Idee dafür gekommen. Neben ihrem ökologischen Vorteil verfügt die natürliche Bestattungsmethode auch über einen finanziellen Vorzug: Da die Grabpflege entfällt, ist sie wesentlich günstiger als die Unterhaltung eines herkömmlichen Grabs.
Die Prager Friedhofsverwaltung betreibt 29 der insgesamt 70 Friedhöfe in der Hauptstadt. Während Waldfriedhöfe in Deutschland bereits häufiger zu finden sind, stellen sie in Tschechien ein Novum dar. Wie Friedhofsverwalter Červený meint, wird es höchste Zeit für solche Ruhestätten: „Damit Friedhöfe nicht nur düstere und deprimierende Orte sind.“
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