Kommentar: Klaus im Aus
Mit seinem Vorschlag eines EU-Austritts verliert der Ex-Präsident an Glaubwürdigkeit
9. 10. 2013 - Text: Josef FüllenbachText: Josef Füllenbach; Foto: eu2009.cz
Dass für Václav Klaus alles Ungemach aus Brüssel kommt, damit haben wir leben gelernt. Sein Aufruf an seine Landsleute, der EU den Rücken zu kehren, stellt jedoch eine neue Qualität seiner Aversion gegen die EU dar. Jedenfalls dann, wenn seine Worte ernst zu nehmen sind, wovon man nicht unbedingt ausgehen kann. Immerhin hat Klaus einst als Premierminister den Antrag auf Aufnahme in die EU gestellt, unter seiner Präsidentschaft haben 2003 im Referendum 77 Prozent der Bürger für die Mitgliedschaft gestimmt, der Lissabon-Vertrag trägt seine Unterschrift. Vor allem aber hat er stets, wenn auch mit hörbarem Zähneknirschen, die EU-Mitgliedschaft als alternativlos für Tschechien bezeichnet. Er, der sich so viel auf die Konsistenz seiner Positionen zugute hält.
Im Interview behauptete er, die tschechischen Bürger hätten ihr Ja im Jahr 2003 eigentlich nicht zur EU-Mitgliedschaft, sondern „zur Rückkehr in die Gemeinschaft normaler europäischer Länder“ gegeben. Hatten die Tschechen dieses Ja nicht bereits mit der Samtenen Revolution, mit der Rückkehr zu Demokratie und Marktwirtschaft besiegelt? Und gibt Klaus nicht stets vor, zuvörderst die nationalen Interessen zu vertreten? Kann es denn im Interesse Tschechiens liegen, sich um die Mitwirkung an den Normen und Regeln zu bringen, die es auch dann übernehmen müsste, wenn der wirtschaftliche Austausch mit Europa – lebenswichtig für Industrie und Beschäftigung in Tschechien – nach einem Austritt weitergehen sollte? Da passt offensichtlich vieles nicht zusammen. Vielleicht war sein großes Interview mit der „MF Dnes“ auch nur ein gequälter Aufschrei: „Hört mal alle her, ich bin auch noch da“ – es war nämlich in letzter Zeit merkwürdig still um ihn geworden, und niemandem schien etwas zu fehlen.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“