Postkarte von der Burg
Parteiencheck Teil sieben: „Zemans Leute“ streiten sich um Wahllisten und bleiben bislang hinter den Erwartungen zurück
16. 10. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: APZ
SPOZ, die Zeman-Partei, ist mit einem Vorsprung in den Wahlkampf gestartet. Die Regierung von Jiří Rusnok ist zu einem entscheidenden Teil auf die Wahlliste der Partei gewandert. Ganze fünf Minister der „Beamtenregierung“ kandidieren für die Partei der Bürgerrechte (Strana práv občanů – Zemanovci). Die Präsenz in den Medien ist damit garantiert. Auch war die SPOZ eine der ersten Parteien, die auf großen Werbetafeln aufgetaucht ist. Hier setzen die Zemanovci – zu Deutsch etwa Zemans Leute – auf ihr zweifelsfrei prominentestes Gesicht. Zu sehen ist eine Postkarte, adressiert an die „Bürger der Tschechischen Republik“, mit einer Frage: „Ich gebe meine Stimme Zemans Leuten. Und Sie?“. Versehen ist das Schreiben mit dem Konterfei von Zeman auf der präsidialen Briefmarke.
Das Staatsoberhaupt und gleichzeitig der Ehrenvorsitzende der Partei hatte im Vorfeld versichert, nicht in den Wahlkampf einzugreifen. Laut Parteiführung breche die Kampagne nicht mit diesem Versprechen. Da müsse man ja jegliche Schreiben mit der Zeman-Briefmarke verbieten, lautet die lapidare Ausrede des stellvertretenden Vorsitzenden Vladimír Kruliš. Von anderen Plakaten guckt der derzeitige Innenminister Martin Pecina, daneben der direktive Wahlslogan „Wählt Zemans Leute“. Es dürfte auch die ungeschickte Kampagne sein, die die Partei in den Wahlprognosen hinter den Erwartungen zurückbleiben lässt. In der neuesten Umfrage von „ppm factum“ bleibt SPOZ knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde, frühere Studien rechneten mit einem Ergebnis knapp darüber.
Geschwächt haben die Partei auch öffentlich ausgetragene Streitigkeiten. So protestierte die Vize-Vorsitzende Dita Portová lauthals gegen den unvermittelten Austausch von 14 der insgesamt 20 Kandidaten im Wahlkreis Pilsen. Der berüchtigte Lobbyist und SPOZ-Mitglied Miroslav Šlouf ließ hören, er werde die Zeman-Partei nicht wählen, nachdem er als Wahlleader in Prag gestrichen wurde. Die Parteiführung bezeichnete Šloufs Nominierung später als einen „Witz“.
Das Programm der SPOZ, die auf eine Koalition mit der ČSSD spekuliert, hat sich dabei seit den Wahlen 2010 kaum verändert. Man zielt auf eine Wahlreform, um die Grenze für den Eintritt ins Parlament auf drei Prozent herabzusetzen und die Zahl der Wahlkreise zu verdoppeln. SPOZ setzt auf große staatliche Investitionen wie den Donau-Oder-Elbe-Kanal oder den Ausbau des AKW Temelín, um die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Einen „Sozialstaat skandinavischen Typs“ will die Partei und eine Vertiefung der europäischen Integration.
Dass das Programm größtenteils die Handschrift des Präsidenten trägt, gab der Vize-Vorsitzende Kruliš in einem Interview mit dem Nachrichtenportal „aktuálně.cz” offen zu.
Im Profil
Gründung: 2009
Parteivorsitzender: Zdeněk Štengl
Hauptsitz: Opletalova 23, Prag 1
Ausrichtung: sozialdemokratisch
Europapartei: keine
Mitgliederzahl: 2.760 (07/2013)
Farbe: Blau, Rot, Weiß
Mandate im Abgeordnetenhaus: 0/200
Mandate im Senat: 1/81
Mandate im Europaparlament: 0/22
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“