Mit Mikrowellen für mehr Nachhaltigkeit
Eine deutsche und eine tschechische Firma stellen einen Reaktor her, der aus Abfall Heizöl macht
16. 10. 2013 - Interview: Ivan Dramlitsch
Er verwandelt Biomasse und kommunale Abfälle in Öl und Dünger. Der Mikrowellenreaktor „mf60d“ hatte auf der diesjährigen Brünner Maschinenbaumesse Weltpremiere. Die deutsche Bionic-Laboratories GmbH entwickelte das Verfahren, das Brünner Unternehmen Šmeral übernimmt die technische Umsetzung. PZ-Mitarbeiter Ivan Dramlitsch sprach mit dem Bionic-Chefentwickler Heinz Brümmer.
Was ist das Grundprinzip des Reaktors?
Brümmer: Wir gehen von zwei Eingangsstoffen aus: Biomasse und Abfälle. Beide bestehen aus langen Kohlenwasserstoffketten. Mit unserem Verfahren, der sogenannten Mikrowellen-Depolymerisation, können wir diese Ketten mit Hilfe von Mikrowellen und einem Katalysator cracken, wie wir sagen. Es entstehen kürzere Kohlenwasserstoffketten, die man landläufig als Öl bezeichnet. Es handelt sich um den gleichen Prozess, wie wenn natürliches Erdöl entsteht, nur in sehr abgekürzter Form.
Wie kamen Sie darauf?
Brümmer: Vor zehn Jahren hatte ich viel mit Mikrowellen und deren Anwendung zu tun. Nachdem dann die Kombination zwischen Mikrowellen, verkürzten Kohlenwasserstoffketten und Katalysatoren bekannt war, fing ich an, systematisch an dem Verfahren zu forschen.
Was ist das Besondere der Technologie?
Brümmer: Der Vorteil besteht darin, dass man feste Energiestoffe, wie sie insbesondere im Abfall vorhanden sind, wieder in den Kreislauf zurückführen kann, anstelle sie auf Deponien zu lagern, indem man lagerfähige Öle erzeugt. Es ist eine Nutzung von Zivilisationsresten, von Abfällen und von Biomasse. Wichtig ist dabei, dass wir ein „Biomass to Liquid“-Unternehmen der zweiten Generation sind. Wir verarbeiten nicht, wie herkömmlich, das, was unserer Meinung nach eigentlich auf den Teller gehört, also Früchte oder Kerne, sondern die energiehaltigen Reste und Abfälle.
Sind alle Stoffe gleich gut dafür geeignet?
Brümmer: Bei der Biomasse gibt es keine großen Unterschiede. Im Bereich der Abfälle sehr wohl. Da müssen zum Beispiel giftige Schadstoffe vorher aussortiert werden, weil die ungewünschte Nebenreaktionen haben. Mit dem Mikrowellen- und anderen Verfahren sind wir aber in der Lage, diese zu 95 Prozent in wiederverwertbare Energie umzuwandeln, indem Öl, Kohle oder Dünger daraus entstehen.
Und dieses Öl kann dann problemlos weiterverwendet werden?
Brümmer: Diese Öle entsprechen der physikalischen Qualität von Heizöl. Mit gängiger Raffinerietechnik kann daraus dann ganz normales Dieselöl hergestellt werden.
Für wen ist diese Technologie gedacht?
Brümmer: Vor allem für kleine und mittlere Städte. Deren städtische Abfälle oder auch Mülldeponien werden sortiert und aus den wiederverwertbaren Stoffen entsteht Öl, mit dem zum Beispiel die Schule beheizt wird. Aus den organischen Resten entsteht Dünger für die Landwirte vor Ort.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem tschechischen Unternehmen?
Brümmer: Eine deutsche Firma hatte sich an uns gewendet, ob wir nicht diese Anlagen im großen Stil verkaufen wollen. Dabei wurde auch Šmeral wegen der Produktion angesprochen. Dann stellte sich aber heraus, dass die deutsche Firma eine Luftnummer war. Aber dadurch haben wir die tschechischen Kollegen und die Möglichkeiten der Firma Šmeral kennengelernt. Und dann beschlossen: Lasst uns das zusammen machen!
Wie ist die Arbeitsteilung?
Brümmer: Wir von Bionic haben das Mikrowellen-Verfahren entwickelt. Šmeral ist mit dem Know-how von 150 Jahren Maschinenbau für die technische Umsetzung verantwortlich. Es wird ja immer gesagt – naja, tschechische Firmen, die können nur grobe Sachen machen. Šmeral zeigt hingegen, dass man auch im Hightech-Bereich absolut konkurrenzfähig ist. Mit Šmeral machen wir unsere Ideen praktikabel und können natürlich auch größere Mengen produzieren. Wenn die Anlagen in andere Länder geliefert werden, wird die lokale Industrie weitere Anlagenbestandteile unter unserer Qualitätskontrolle und der Betreuung von Šmeral fertigen. Wir wollen mit der Technologie auch in anderen Ländern Arbeit schaffen.
Was kostet so eine Anlage?
Brümmer: Eine Anlage kostet etwa 12 bis 15 Millionen Euro. Sie produziert 1.200 Kilogramm Öl pro Stunde aus etwa drei bis vier Tonnen sortierten kommunalen Abfällen.
Wie lange wird es dauern, bis sich Ihre Investition rentiert?
Brümmer: Bei der aktuellen Auftragslage gehen wir davon aus, dass wir die Gewinnschwelle Ende kommenden Jahres erreichen.
Wie sehen die weiteren Pläne aus?
Brümmer: Jetzt liefern wir Demonstrationsanlagen nach Brasilien, Schweden, England und in die Türkei. In Brünn werden wir dann mit Šmeral eine richtig große Anlage bauen und in Betrieb nehmen. Die ersten großen Anlagen gehen nach Brasilien und Deutschland.
Bekenntnis zu Břeclav
Drastische Maßnahmen