„Wie im Sandkasten“
Rektoren tschechischer Hochschulen protestieren gegen selektive Einladungspraxis des Präsidenten
31. 10. 2013 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: APZ
Im Frühjahr hatte sich Präsident Zeman geweigert, den Literaturwissenschaftler Martin C. Putna zum Professor zu ernennen. Angeblich weil dieser zwei Jahre zuvor ein Plakat auf einer Homosexuellen-Parade hochgehalten hatte. Der Vorfall sorgte nicht nur in Akademikerkreisen für Unverständnis. Wenige Tage vor den Feierlichkeiten am 28. Oktober erinnerte vieles genau an diese Geschichte: Zeman hatte unter anderem die Rektoren der Universitäten auf die Prager Burg geladen, um im festlichen Rahmen der Gründung der Tschechoslowakei im Jahre 1918 zu gedenken. Bis hierher ein übliches Prozedere. Doch auf der Gästeliste fehlten die Namen Mikuláš Bek von der Masaryk-Universität in Brünn sowie Libor Grubhoffer, Rektor der Südböhmischen Universität in České Budějovice (Budweis).
Nicht ohne Grund: Bek hatte dem Staatsoberhaupt im September während eines Besuchs in der mährischen Großstadt einen Vortrag vor Studenten untersagt, da er fürchtete, Zeman könnte seinen Auftritt nutzen, um Wahlwerbung für die ihm nahestehende Partei SPOZ zu betreiben. In Zeiten des Wahlkampfs sollten sich laut Bek keine Politiker oder Repräsentanten des Staates auf akademisches Terrain begeben.
Sein Kollege Grubhoffer bekam die Quittung des Präsidenten aus einem anderen Grund ausgestellt. Im Juni hatte sich Grubhoffer aus Protest gegen die Nichternennung Putnas geweigert, an der Inauguration der anderen Professoren teilzunehmen. Zeman schlussfolgerte nun: „Wenn jemand eine Einladung ausschlägt, dann leuchtet es doch ein, dass er kein zweites Mal eingeladen wird.“
Respektloses Verhalten
Der Protest gegen den Ausschluss der beiden Rektoren folgte prompt. 20 der 26 eingeladenen Hochschulleiter sagten ihre Teilnahme an der Zeremonie ab. Auch einige Oberbürgermeister wie Tomáš Hudeček (TOP 09) aus Prag oder Martin Baxa (ODS) aus Pilsen blieben den Feierlichkeiten fern. „In entwickelten Ländern liegt es in der Natur der Sache, dass Hochschulrektoren zu den geachtetsten Personen des Landes gehören. Das Vorgehen der Prager Burg ist respektlos, sowohl gegenüber der akademischen Freiheit als auch der Intelligenz in diesem Land“, sagte Hudeček. Ein Präsident müsse in seinen Ansichten über den Parteien stehen und in der Lage sein, sich „von Kleinigkeiten frei zu machen“ – womit Hudeček auf Zemans Retourkutschen anspielte.
Der Rektor der Technischen Hochschule in Brünn, Miroslav Rais, schloss sich dem Protest seiner Berufskollegen ebenfalls an. „Es gibt doch einen Unterschied zwischen einem privaten Abendessen, bei dem man sich die Gäste selbst aussuchen kann (…) und einem Staatsakt anlässlich eines hohen Feiertages, zu dem man als Präsident Tschechiens einlädt“, stellte Rais klar.
Einen bildhaften Vergleich brachte René Wokoun, der die Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem leitet und der Einladung des Präsidenten als einer von wenigen Rektoren folgte: „Mir kommt es so vor, als ob die Herrschaften im Sandkasten spielen und sich gegenseitig die Sandburgen zertrampeln. Das gefällt mir nicht.“
Trotz der Absagen musste Zeman seine Rede nicht vor leeren Rängen halten. Am offiziellen Festakt nahmen am Montagabend über 550 Gäste teil. Für reichlich Gesprächsstoff beim anschließenden Empfang war gesorgt: nicht nur aufgrund der Wahlen am vergangenen Wochenende, sondern auch weil der Gastgeber wieder einmal einen Eklat verursacht hatte.
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