Kommentar: Der Babiš-Faktor
Die Krise der ČSSD sollte nicht von der drohenden „Berlusconisierung“ ablenken
13. 11. 2013 - Text: Martin NejezchlebaText und Foto: Martin Nejezchleba
Die Öffentlichkeit scheint die Koalitionsverhandlungen derart herbeizusehnen, dass die Kritik an der politischen Bewegung ANO von Milliardär Andrej Babiš völlig abgeklungen ist. Lieber irgendeine Regierung, als die Geschicke des Landes Zeman alleine zu überlassen. Angesichts der autoritativen Ambitionen des Präsidenten ist diese Haltung mehr als verständlich. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, wen die Tschechen zu einem der wichtigsten politischen Spieler gewählt haben.
In der Person Babiš konzentriert sich eine beachtliche wirtschaftliche, mediale und nun auch politische Macht. Seine Partei wurde hastig zusammengezimmert, nachdem feststand, dass es Neuwahlen geben wird. Kein Außenstehender weiß, wie bei ANO Entscheidungen getroffen werden. Vieles jedoch deutet darauf hin, dass ANO das macht, was Babiš möchte. Schließlich will Babiš auch den Staat wie seine Firma führen. Und in der Wirtschaft gilt bekanntlich: Wer zahlt, schafft an. Und genau deshalb sollten Medien und Öffentlichkeit mit Argusaugen beobachten, wie ANO den eklatanten Interessenkonflikt zwischen dem Politiker Babiš und dem Unternehmer Babiš löst.
In welcher Form auch immer sich ANO an der Regierung beteiligen wird: Babiš bleibt Chef eines der größten Unternehmen dieses Landes. Seine Agrofert Holding ist ein immenses und global agierendes Geflecht aus Firmen der Bereiche Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Medien, Chemie und Forstwirtschaft. Geht es nun um Steuer- oder Mediengesetze, Landwirtschaftssubventionen, Außenhandel oder Energiepolitik – Babiš wird immer in direkten Konflikt mit seinen Interessen als Volksvertreter und als Unternehmenschef geraten. Es liegt nun an den möglichen Koalitionspartnern und an der tschechischen Öffentlichkeit darauf zu pochen, dass ANO den Faktor Babiš einschränkt.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“