Blick hinter die Kulissen

Blick hinter die Kulissen

Wissenschaftler legen die Finanzierungspolitik tschechischer Parteien offen

14. 11. 2013 - Text: Vanessa WeissText: wei/čtk; Foto: APZ

Es soll Licht ins Finanzierungsdickicht der tschechischen Parteien bringen: das Projekt „www.politickefinance.cz“. Auf der neuen Webseite kann seit vergangener Woche jeder Informationen über die Haushaltsführung tschechischer Parteien sowie zu deren Spendengeldern abrufen. Das Projekt wurde vom Soziologischen Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften ins Leben gerufen.

Die Daten auf der Webseite basieren auf den jährlichen Finanzberichten der politischen Parteien. Bisher waren sie nur auf Papier in der parlamentarischen Bibliothek einzusehen. Anlass für die Veröffentlichung der Haushaltsdaten ist laut Angaben des Projektleiters Michael L. Smith der Mangel an Kontrolle über die Finanzierung der politischen Parteien in der Tschechischen Republik gewesen.

Man möchte, so Smith, Diskrepanzen zwischen den Einkünften und der offiziellen Buchhaltung offenlegen. Als negatives Beispiel führt Smith die Angaben an, die sein Team zur Haushaltskasse der Bürgerdemokraten (ODS) zusammenstellen konnte. Die ODS habe im vergangenen Jahr 305 Millionen Kronen eingenommen (rund 13 Millionen Euro), allerdings im Jahresbericht nur 247 Millionen Kronen (rund 10 Millionen Euro) vermerkt. Darüber hinaus würden nach Smith die Angaben zu Spendengeldern auf Interessenskonflikte zwischen Politik und Wirtschaft hinweisen. Im vergangenen Jahr spendeten Baufirmen den Parlamentsparteien 10,4 Millionen Kronen (rund 3,7 Millionen Euro). Danach hätten diese Firmen öffentliche Aufträge im Wert von fast 6,1 Milliarden Kronen (rund 222 Millionen Euro) erhalten.

Die neue Webseite bietet nicht allein aktuelle Zahlen. Die Informationen zur Parteienfinanzierung reichen bis ins Jahr 2006 zurück. Allerdings werden dort nicht die vollständigen Namen  privater Sponsoren aufgeführt. Laut einer Richtlinie der tschechischen Datenschutzbehörde (ÚOOU) dürfen diese nicht ohne Zustimmung der Personen veröffentlicht werden. Daher sind nur deren Initialen angeführt. Allerdings wollen die Urheber der Webseite Einspruch gegen die Entscheidung einlegen, da in den Jahresberichten der Parteien die Namen der privaten Sponsoren vollständig aufgeführt sind.

Smith sprach sich nicht nur für eine gesetzlich festgelegte Transparenz der Parteienfinanzierung aus, er fordert auch die Einführung eines unabhängigen Kontrollorgans, dass die Haushaltskassen der politischen Parteien prüft. Ein solches Amt ist auch in einer der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen angedacht, die die damalige Regierung im Frühjahr vorgelegt hatte. Das Parlament kam vor seiner Selbstauflösung jedoch nicht dazu, die Novelle zu verabschieden.