Die Kraft der Töne
Gabriele Jonte beleuchtet mit ihrer Monografie das Schaffen von Bohuslav Martinů während seiner Exiljahre in den USA
19. 12. 2013 - Text: Friedrich GoedekingText: Friedrich Goedeking; Foto: Centrum Bohuslava Martinů Polička
Als „getreuer Vasall des amerikanischen Kapitalismus“ wurde Bohuslav Martinů in seiner tschechischen Heimat nach 1948 diffamiert, regimetreue Kritiker bezeichneten ihn abschätzig als „Kosmopolit“. In der Schweiz, wo der Komponist seine letzten Lebensjahre verbrachte, wird er jährlich mit einem Festival geehrt, in Amerika feierte er schon zu seinen Lebzeiten große Erfolge. Heute gehört Martinů zu den herausragendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Gabriele Jonte hat sich in ihrer Monografie „Bohuslav Martinů in den USA. Seine Symphonien im Kontext der Exiljahre 1940–1953“ auf Martinůs Jahre in Amerika konzentriert. Im Mittelpunkt ihrer Betrachtungen steht eine sorgfältige Interpretation der sechs Symphonien, die der Tondichter dort schuf.
Bohuslav Martinů kam 1890 in Polička zur Welt, einer Kleinstadt zwischen Böhmen und Mähren. Der Autodidakt studierte vier Jahre Violine bei Josef Suk am Prager Konservatorium. Ab 1923 lernte er Komposition bei Albert Roussel in Paris, wo er ab 1923 lebte. 1940 flüchtete Martinů vor den Nationalsozialisten. Er emigrierte in die USA, wo er als Professor für Komposition in Massachusetts (1942–1945), an der Princeton University (1948) und an der Mannes School of Music in New York (1948–1953) unterrichtete.
Nachdem er 1952 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt, kehrte Martinů 1953 nach Westeuropa zurück. Seine böhmische Heimatstadt besuchte er aufgrund der kommunistischen Machtergreifung nie wieder.
Als Martinů 1941 in den USA Zuflucht fand, erlebte das Land gerade eine Blütezeit im Musikschaffen. Zumeist waren es Symphonien, die in der Kriegszeit die patriotische Stimmung zu unterstützen suchten. Das entsprach, wie Jonte zeigt, nicht den ästhetischen Maximen Martinůs, dem alles Übertriebene und Pathetische zuwider war. Seine Kompositionen zeichnen sich durch Einfachheit und Klarheit aus. Nach dem Vorbild Dvořáks benutzte er in seinen Symphonien volksliedhafte und tänzerische Elemente.
So konnte er eine gewisse „Volksnähe“ in seiner Musik erreichen und damit ein breites Publikum ansprechen. Seine Symphonien sind Dokumente eines unerschütterlichen Glaubens an die sprachlose und sanfte Macht der Musik, getragen von dem Glauben an die Kraft des klanglichen Zaubers jenseits jeglichem ideologischen Überbau.
Gabriele Jonte: Bohuslav Martinů in den USA. Seine Symphonien im Kontext der Exiljahre 1940–1953. Bockel Verlag. Neumünster 2013, 284 Seiten. 29,80 Euro, 978-3-932696-96-1
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