Blick in die Presse
Tschechische Pressekommentare zur Amtsführung des Präsidenten, zur Nachwahl im Kreis Zlín und zum Tod Ariel Scharons
15. 1. 2014 - Text: PZText: PZ
Doppelte Agenda | Die Tageszeitung „Právo“ findet, dass Präsident Zeman bei der Beurteilung der von Sobotka vorgeschlagenen Minister mit zweierlei Maß misst und sich damit schadet: „Generell ist es bedauerlich, dass Zeman die Kriterien so willkürlich handhabt. Manche seiner Beobachtungen und Vorbehalte hätten sonst ein viel größeres Gewicht. Seine Verlautbarungen zum Thema der nächsten Regierung verfestigen jedoch nur das Bild eines Politikers, der eine doppelte Agenda verfolgt: eine persönliche, zum Beispiel Rache oder Ausweitung seiner Kompetenzen, und eine offizielle, die er der Öffentlichkeit präsentiert. Auch darum fällt es schwer, ihn ernst zu nehmen.“
Rosinenpickerei | Auch die Tageszeitung „MF Dnes“ wirft einen kritischen Blick auf die Amtsführung des Präsidenten: Der Fernsehmoderator Moravec merkte an, „dass sich der Präsident seine Pflichten nach Gutdünken herauspickt. Ja, wie ein Spatz die Rosinen aus einem alten Weihnachtsstollen. Das ist seitens des Präsidenten keine Faulheit, sondern er mag dieses Herauspicken. (…) Zeman geht es dabei nicht um die Rosinen, sondern er will ein aktiver Präsident sein, der einfach anders ist. Sehr half ihm dabei der Verfall der Politik bis zur Peinlichkeit, deren wir Zeugen waren (nicht nur) bei der letzten Koalition. Viele sagen sich, Zeman ist immer noch besser als dieser verzweifelte Nečas, der sich seine Geliebte mit staatlichen Prämien bezahlt. Was haben wir bloß verbrochen, dass wir wählen sollen zwischen einem Prahlhans und einem Verzweifelten und uns dann auch noch darüber streiten, wer schlechter und wer besser ist?“
Trübe Aussichten | Das Wochenmagazin „Týden“ kommentiert den Ausgang der Nachwahl zum Senat im Kreis Zlín im Osten der Republik, wo es in einer Woche überraschend zu einer Stichwahl zwischen dem Kandidaten der KDU-ČSL und der ODS kommen wird: Zu den wichtigsten Schlüssen aus der Nachwahl zähle „vor allem, dass die Kandidatin der im Oktober (bei der Parlamentswahl, Anm. der Red.) noch siegreichen ČSSD (…) schon in der ersten Runde herausflog, nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Kandidaten der ODS. In einer Region, die immer eher links ausgerichtet war. (…) Senatswahlen spiegeln stets in einem gewissen Maße die Ansichten der Wähler über die hohe Politik wider. Während die Teilnahme am Projekt der Dreierkoalition mit ČSSD und ANO die Anhänger der Christdemokraten anscheinend nicht stört, haben die sozialdemokratischen Wähler damit wohl ein Problem. Für Bohuslav Sobotka, durchgeschüttelt vom innerparteilichen Zweikampf, von Kämpfen mit den Koalitionspartnern und hauptsächlich mit dem Präsidenten Miloš Zeman, sind das keine rosigen Aussichten. Und dabei ist seine Regierung noch nicht einmal im Amt.“
Kampf und Frieden | Die „Lidové noviny“ mutmaßt zum Tode des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon: „Als er in der Politik endete, war aus dem Habicht, der 1982 die israelische Invasion in den Libanon anführte, schließlich ein rationaler Friedensarchitekt geworden. Es zeigte sich (wie schon so oft), dass es Kämpfer sind, die den Frieden schließen. Und das wesentlich leichter als die Tauben. Hätte ihn nicht ein Hirnschlag hingestreckt, sähe es im Nahen Osten heute vielleicht anders aus. Aber wirklich nur vielleicht…“
Ethisches Dilemma | Das Wochenmagazin „Respekt“ nimmt Scharons Tod zum Anlass, über den medizinischen Fortschritt nachzudenken: „Dort, wo früher der Tod eingetreten wäre, gelingt es heute den Ärzten, das Leben zu erhalten; aber manchmal nur in seiner vegetativen Form. Das Schlafkoma können wir so als eine gewisse Steuer auf den Fortschritt der Medizin verstehen. Eine Steuer, die hinsichtlich des Abschaltens der lebenserhaltenden Apparate sehr schwierige ethische Dilemmata mit sich bringt. Und gleichzeitig lehrt sie uns die Kunst einer vorsorglichen Rücksichtnahme, weil wir nicht wissen (und wir werden es wohl niemals mit Sicherheit wissen), ob und was genau diese Patienten wahrnehmen und fühlen.“
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“