Kommentar: Undankbar und desinteressiert
Nach zehn Jahren sind sich die Tschechen und die EU nur bedingt nähergekommen
29. 4. 2014 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: ČTK/Picture Alliance/Daniel Karmann/PZ
Die Bilanz für Tschechien fällt positiv aus. Zehn Jahre EU-Mitgliedschaft haben dem Land Milliarden an Fördermitteln eingebracht. Schlösser und Schulen wurden saniert, soziale Projekte finanziert und Investoren akquiriert. Dazu all die neuen Möglichkeiten, die den Tschechen offenstehen: EU-Austauschprogramme gibt es für Grundschüler wie Studenten, nicht nur in den Urlaub können die Menschen auf dem halben Kontinent ohne Pass reisen, sondern sich ohne große bürokratische Hindernisse auch eine Arbeit in anderen EU-Staaten suchen, heiraten, ihren Lebensabend genießen. Zehn Jahre EU – das müsste ein einziger Grund zum Feiern sein. Auf den ersten Blick.
Aber wer eine stichfeste Bilanz ziehen möchte, darf auch die sogenannten „Unionsbürger“ nicht vergessen, die oft gar nicht wissen, was dieses Prädikat für sie bedeutet, geschweige denn sich als solche fühlen. Von EU-Fördergeldern haben sie bisher nur gehört, wenn es um Korruptionsskandale ging. Im Ausland wollen sie weder arbeiten noch heiraten, weil es ihnen zuhause am besten gefällt. Die EU? Das sind diese Bürokraten, die sich täglich absurde Richtlinien ausdenken.
Wo liegt nun das Problem? Sind die tschechischen Bürger undankbar und sollten sich mehr für die EU engagieren? Oder müsste „Brüssel“ sich mehr für ihre Bedürfnisse interessieren? Beides wäre begrüßenswert. Vor allem aber müssten vom Provinzbürgermeister bis zum Staatspräsidenten alle Politiker das Wohl der Bürger vor das eigene stellen, damit EU-Gelder dort ankommen, wo sie helfen sollen und Chancen genutzt werden. Ein großer Wunsch? Vielleicht, aber zum zehnten Geburtstag darf man den doch haben.
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