Das Gute liegt so nah

Das Gute liegt so nah

Das Interesse an Lebensmitteln aus der Region nimmt zu. Aber ohne Importe wäre der Speiseplan eintönig

23. 7. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Chmee2

 

Hauptsache billig gilt beim Einkaufen hierzulande häufig als wichtigste Parole. Qualität und Herkunft der Lebensmittel spielen oft eine untergeordnete Rolle. Doch langsam könnte sich das ändern, heißt es nun im Landwirtschaftsministerium. Die Tschechen würden einen „Einkaufspatriotismus“ entwickeln – ein Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln aus der Region.

Grund für diese Einschätzung sind die aktuellen Zahlen zu Importen und einheimischer Produktion von Nahrungsmitteln. Das Verhältnis zwischen beiden entwickelt sich aus Sicht der tschechischen Erzeuger in einigen Bereichen günstig – das heißt: sie können die Nachfrage mit heimischen Produkten decken oder übertreffen. „Die Ergebnisse der vergangenen Jahre weisen auf einen positiven Trend hin“, glaubt Hynek Jordán, Sprecher im Landwirtschaftsministerium. Das Interesse der Verbraucher an einheimischen Produkten nehme zu, auch würden öfter regionale Marken bevorzugt oder Lebensmittel, die das „Klasa“-Siegel tragen.

Ein großes Angebot an heimischen Produkten gibt es zum Beispiel beim Rindfleisch. Davon essen die Tschechen im Durchschnitt etwa zehn Kilo pro Jahr. Diesen Bedarf übersteigt die einheimische Produktion bei Weitem. Im vergangenen Jahr lag die Quote bei 140,1 Prozent. Nur knapp darunter lagen die Werte bei Getreide, Zucker und Milch. So können tschechische Milchbauern etwa ein Fünftel ihrer Milch ins Ausland liefern. Der Großteil geht nach Deutschland, wo sie bessere Preise erzielen als auf dem heimischen Markt.

Schweine und Gemüse fehlen
Anders sieht es dagegen beim Schweinefleisch aus. Rund 40 Kilogramm davon isst der Durchschnittstscheche pro Jahr, das ist etwa die Hälfte seines gesamten Fleischverzehrs. Während der Verbrauch in den vergangenen 20 Jahren leicht zurückgegangen ist, nahm die Abhängigkeit von ausländischen Produzenten stark zu: Im Jahr 2000 konnte fast der gesamte Bedarf durch heimische Ware gedeckt werden, 2012 waren es dagegen nur noch 54,5 Prozent – ein historisches Minimum. Grund zur Hoffnung für die heimischen Erzeuger: Im vergangenen Jahr stieg die Quote erstmals seit Jahren wieder und lag bei 57,6 Prozent.

Weit entfernt von einem positiven Trend sind die heimischen Erzeuger dagegen bei Obst und Gemüse. In diesen Bereichen können die Landwirte seit Jahren nicht mit der steigenden Nachfrage mithalten. Wie wichtig es für den Staat und die Gesundheit seiner Bürger ist, dass die einheimische Produktion den Bedarf an Lebensmitteln decken kann, ist in Fachkreisen umstritten. Anhänger mancher liberaler Theorien messen der Frage keine strategische Bedeutung bei. Andere behaupten, die Selbstversorgungs-Quote sollte bei wichtigen Rohstoffen angesichts der wachsenden Weltbevölkerung nicht unter 80 Prozent liegen. Die tschechische Regierungskoalition hat dem Thema Vorrang eingeräumt. Um die Quote der einheimischen Lebensmittel zu steigern, will sie vor allem Gelder aus den EU-Fonds nutzen, aber auch staatliche Beihilfen oder Anreize wie das Klasa-Siegel.