Kürzer treten

Kürzer treten

Mit neuen Richtlinien für Kurzarbeit will der Staat Kosten einsparen

3. 9. 2014 - Text: Eva FamullaText: ef/čtk; Foto: Aktron

Ab Anfang nächsten Jahres sollen neuen Regelungen zur Kurzarbeit in Tschechien in Kraft treten. Das verkündeten Unternehmensvertreter und Gewerkschafter in der vergangenen Woche nach einem Treffen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses Jan Bartošek (KDU-ČSL). „Das neue Gesetz sollte viel einfacher und unbürokratischer sein, als es bisher der Fall war“, sagte Jaroslav Hanák, Präsident des Industrie- und Verkehrsbundes (SPČR). Laut dem Arbeits- und Sozialministerium will der Staat künftig 30 Prozent des Durchschnittsgehaltes beisteuern. Im Gegenzug wird von den Unternehmen eine Fortbildung der Kurzarbeiter erwartet.

Wie aus dem Bericht des Ministeriums weiter hervorgeht, beträgt die Obergrenze des staatlichen Zuschusses das 1,4-Fache des Mindestlohnes in Tschechien. Da dieser im Jahr 2013 bei 8.500 Kronen lag, wird den Unternehmen also eine maximale Unterstützung von 11.900 Kronen zugesichert. Die Regierung rechnet damit, dass dank der neuen Kurzarbeitsregelung Ausgaben für die Arbeitslosenhilfe wegfallen. Das Arbeitsministerium gab eine Prognose ab, wonach in sechs Monaten knapp 360 Millionen Kronen (umgerechnet etwa 13 Millionen Euro) eingespart werden könnten. Dabei ging es von 5.000 Kurzarbeitern aus. Für diese müssten anstatt der 545 Millionen Arbeitslosenhilfe nur 182 Millionen Kurzarbeitsgeld gezahlt werden.

In der Bundesrepublik Deutschland war das System bereits in den fünfziger Jahren eingeführt worden. Sobald ein Unternehmen Umsatzeinbußen macht, kann es seine Arbeitnehmer in Kurzarbeit schicken, um Kündigungen zu vermeiden. In Tschechien gibt es dieses Konzept seit zwei Jahren. 400 Millionen Kronen wollte der Staat innerhalb des ersten Jahres investieren. Doch Ende 2013, also 16 Monate nach der Einführung der Kurzarbeit, hatte man dafür gerade einmal 15 Millionen Kronen ausgegeben.

Mehr Flexibilität
Die Unternehmen kritisierten vor allem die hohen Anforderungen und den bürokratischen Aufwand für die Inanspruchnahme der staatlichen Leistungen. Die neuen Regelungen sollten dem entgegenwirken. „Der grundlegende Unterschied besteht darin, dass die Zuschüsse nicht mehr für ein bestimmtes Projekt, sondern situationsbedingt gewährt werden und nur wenige Richtlinien im Steuergesetz betreffen“, erklärte der Gewerkschaftsvorsitzende Josef Středula. Seiner Ansicht nach soll das Instrument der Kurzarbeit in vier Situationen zum Einsatz kommen: in einer Wirtschaftskrise, bei der Umstrukturierung einer Firma, für Saisonarbeit oder in Ausnahmezuständen wie zum Beispiel bei Hochwasser. Staatsbetriebe seien von der Kurzarbeit ausgenommen, so Středula.

SPČR-Präsident Hanák begrüßte, dass das neue System allein auf „nationalem Geld“ basiere. Den Firmen brächte das mehr Sicherheit, europäische Finanzmittel stünden nur im begrenzten Umfang zur Verfügung. Der nationale Fördertopf sei laut Hanák nicht so schnell leer und enthalte weniger Beschränkungen.

Wirtschaftsexperten sehen in den Bestrebungen nach vereinfachten Kurzarbeitsregelungen auch ein Ergebnis der jüngsten politischen Entwicklungen. Die von und gegen Russland verhängten Sanktionen treffen auch tschechische Unternehmen. „Bisher betrifft das nur die Landwirtschaft, aber nächstes Jahr – im Januar, Februar, März – werden wir die Folgen auch in der Industrie zu spüren bekommen. Kurzarbeit könnte uns hier wirklich helfen.“