„Nicht ohne uns über uns“
Tschechien will in der Bankenunion die Entscheidungsgewalt für die nationale Notenbank sichern
12. 12. 2012 - Text: Ivan DramlitschText: id/čtk; Foto: europarl
Tschechien stellt für seine Zustimmung zur europäischen Bankenunion Bedingungen. Die EU solle eine gesonderte Erklärung verabschieden, in der die Rechte der nationalen Regulierungsbehörde, also der nationalen Notenbank, definiert werden. Diese Forderung stößt bei zahlreichen Mitgliedsstaaten jedoch auf Widerstand.
Die EU-Staaten hatten sich als Konsequenz aus der Wirtschafts- und Finanzkrise im Juni dieses Jahres auf eine Bankenunion geeinigt, die unter anderem eine zentrale Bankenaufsicht, die Errichtung eines Abwicklungsfonds und eine europaweite Garantie für Sparguthaben vorsieht. Ein Hauptziel dieser Maßnahme ist, dass bei zukünftigen Krisen anstatt des Steuerzahlers die Banken selbst für die Abwicklung maroder Institute aufkommen. Die EU-Finanzminister konnten sich jedoch bei ihrem Treffen vergangene Woche in Brüssel nicht auf ein konkretes Regelwerk der Bankenunion einigen.
Umstritten ist vor allem Gestalt und Funktionsweise der geplanten zentralen Bankenaufsicht. Dabei geht es um die Frage, ob diese Aufsicht für alle rund 6000 Banken in der Eurozone oder nur für die sogenannten systemrelevanten gelten sollte. Unklar ist in diesem Zusammenhang auch die Kompetenzaufteilung zwischen Europäischer Zentralbank (EZB), in deren Verantwortungsbereich die Bankenaufsicht primär fallen würde, und den einzelnen nationalen Aufsichtsbehörden. Diese Frage ist für Tschechien von besonderer Bedeutung.
„Wir wünschen uns eine Erklärung in Form einer politischen Verpflichtung, die vorsieht, dass die nationale Behörde, in unserem Fall also die Tschechische Nationalbank, das entscheidende Wort haben wird, sollte es zu einer Umwandlung von Tochtergesellschaften in Filialen kommen“, formulierte Finanzminister Miroslav Kalousek (TOP 09) den tschechischen Standpunkt. Der Hintergrund: 90 Prozent des tschechischen Bankensektors werden von Tochtergesellschaften von Banken beherrscht, die ihren Sitz in der Eurozone haben. Würden diese Tochtergesellschaften zu Filialen umgewandelt, entzögen sie sich dadurch der Regulierung durch die nationale Notenbank. Die zentrale Aufsicht soll sich zwar auf Länder der Eurozone beziehen, stehe aber auf freiwilliger Basis auch anderen Ländern offen.
Laut Finanzminister Kalousek werde Tschechien in diesem Punkt beispielsweise von Ungarn und Bulgarien unterstützt. Kritik an dieser Forderung kam hingegen aus Österreich. Für Prag hat diese Frage grundsätzliche Bedeutung. „Es ist eine Bedingung für unser Ja zur Bankenunion. Es sollte nicht ohne uns über uns entschieden werden“, antwortete Kalousek auf die Frage, ob Tschechien gegebenenfalls ein Veto einlegen würde. Premierminister Petr Nečas (ODS) hatte damit bereits in den vergangenen Wochen wiederholt gedroht.
Zwischenzeitlich hatte die Tschechische Nationalbank ČNB die Ergebnisse ihres Bankenbelastungstest veröffentlicht. Demnach sind die tschechischen Geldinstitute auf mögliche negative Entwicklungen gut vorbereitet, wie die Ergebnisse des Stress-Szenarios „Europa in der Rezession“ zeigten. „Das Szenario der Notenbank geht von einem solchen Anstieg unbezahlter Kredite aus, wie wir es heute in Spanien nach dem Platzen der Immobilienblase beobachten können”, sagt der Finanzanalytiker David Marek. Während jedoch ein Teil der dortigen Banken nahezu pleite gegangen ist, würde der tschechische Bankensektor damit gut zurechtkommen.
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