Heilmittel für Tschechiens Spas
Gesetzliche Krankenkassen sollen Patienten wieder länger auf Kur schicken
29. 10. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Richenza
Kurbäder sollen Menschen gesund machen. In den vergangenen Jahren wurden die tschechischen Spas aber selbst zum Patienten. Unter Gesundheitsminister Leoš Heger (TOP 09) wurden 2012 zahlreiche Leistungen der Krankenversicherungen gekürzt oder gestrichen. Den Bädern fehlten in Folge Gäste und Einnahmen. Einige bauten Stellen ab, mit Velichovky in Ostböhmen und Lipová-lázně im Altvatergebirge mussten im Herbst vergangenen Jahres zwei namhafte Einrichtungen Insolvenz anmelden. Die amtierende Regierung hat sich der Situation der Kurbäder bereits in ihrem Grundsatzprogramm angenommen. Erste Maßnahmen sind nun auf dem Weg. Ob sie das Kurwesen heilen können, bleibt jedoch offen.
Vor den Einschnitten 2012 hatten die tschechischen Kurbäder von den Krankenversicherungen jährlich fast drei Milliarden Kronen (etwa 108 Millionen Euro) für die Behandlungen von Kassenpatienten erhalten. Diese Einnahmen fielen jedoch mit dem Rückgang der Aufenthalte deutlich. Die Regierung will deshalb, dass die Krankenkassen wieder mehr und längere Behandlungen in den Bädern bezahlen. Die entsprechende Gesetzesänderung soll den Spas jährlich die halbe Milliarde wieder einbringen, die sie im Zuge der Reform 2012 eingebüßt hatten.
Konkret sollen Patienten abkommendem Jahr nach größeren Operationen und Unfällen, oder wenn sie an einer chronischen Krankheit leiden, für mindestens vier Wochen auf Kosten der Krankenversicherung zur Kur fahren dürfen. Seit 2012 lag die Grenze bei drei Wochen. 28-tägige Aufenthalte für Erwachsene sollen die Versicherungen zum Beispiel bei einigen Kreislauf-, Haut- und Atemwegserkrankungen übernehmen sowie bei bestimmten psychischen und gynäkologischen Leiden. Kinder sollten der Änderung zufolge in jedem Fall mindestens vier Wochen auf Kur geschickt werden können. Außerdem sollen bei einigen Krankheitsbildern, bei denen bisher die Patienten für Unterkunft und Verpflegung selbst aufkommen mussten, die Kuraufenthalte künftig vollständig von der Versicherung bezahlt werden.
Bei schweren Krankheiten soll die Kurbehandlung auf Vorschlag des dortigen Arztes so lange dauern wie für die Genesung notwendig, wenn ein Arzt der Krankenkasse das Vorgehen billigt. Bisher übliche zeitliche Beschränkungen sollen in solchen Fällen nicht mehr gelten.
Das Abgeordnetenhaus sprach sich Ende September bereits für die Gesetzesänderung aus. Die Oppositionsparteien TOP 09 und ODS legten jedoch ihr Veto gegen den Plan der Regierung ein, im Schnellverfahren über die Änderung zu entscheiden. Der Vorschlag wird nun im Gesundheitsausschuss behandelt.
Mehr Selbstzahler
Auch wenn wahrscheinlich ist, dass die Novelle in Kraft treten wird: Ob die Regierung mit der Änderung das richtige Heilmittel für die Kurbäder gefunden hat, ist umstritten. Der Tourismusexperte Jaromír Beránek schätzt, dass die neue Gesetzesänderung den Bädern helfen werde. „Ich glaube, das ist ein Schritt in die richtige Richtung, und dass er dazu beiträgt, die Situation der Bäder zu verbessern.“ Anders sieht das der Vizepräsident der tschechischen Heilbäder (SLL) und Leiter der Bädergesellschaft Royal Spa Martin Plachý. Die Situation im tschechischen Bäderwesen werde sich auch im kommenden Jahr nicht grundlegend ändern, selbst wenn die Novelle in Kraft trete, sagte Plachý kürzlich. „In der Regel wird diese Gesetzesänderung keinen wesentlichen Einfluss auf die tschechischen Bäder haben.“ Sie repariere zwar zum Teil manche Fehlgriffe der Regelung aus dem Jahr 2012. Eine Verlängerung des Kuraufenthaltes werde jedoch nur bei einigen wenigen Diagnosen möglich, kritisierte der Verbandsvize.
Plachý zufolge kamen die tschechischen Bäder durch die Reformen der vergangenen zwei Jahre um 50 Prozent der Gelder, die sie von der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten hatten. Die Ausfälle versuchten sie auszugleichen, indem sie um selbst zahlende Patienten warben, was ihnen teilweise auch gelang.
Seit 2012 steigt in den tschechischen Bädern die Zahl der Kurgäste, deren Aufenthalt nicht von der Krankenkasse gezahlt wird. Im südböhmischen Třeboň zum Beispiel sind die Umsätze, die die Kurbäder mit Selbstzahlern machten, im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im städtischen Bad „Aurora“ belaufen sie sich in diesem Jahr sogar auf 51 Prozent. Im westböhmischen Františkovy Lázně (Franzensbad) betrugen die von der Krankenversicherung gezahlten Einnahmen vor der Beschränkung etwa 100 Millionen Kronen. Insgesamt beliefen sich die Umsätze auf rund 500 Millionen Kronen. Im vergangenen Jahr fielen die Einnahmen von den Versicherungen auf die Hälfte, in diesem Jahr könnten sie Schätzungen zufolge wieder auf rund 80 Millionen steigen. Direktor Josef Ciglanský zufolge nimmt auch die Zahl der tschechischen Selbstzahler zu. In Poděbrady registriert die Kurverwaltung mittlerweile zwar mehr Selbstzahler als Patienten, deren Aufenthalt von der Versicherung gezahlt wird. Den größeren Teil der Umsätze bringen aber noch immer letztere, weil die Selbstzahler im Durchschnitt nicht so lange bleiben.
Bekenntnis zu Břeclav
Drastische Maßnahmen