Kampf um Müllcontainer
Entsorgungsfirmen streiten sich um Prager Abfälle
30. 10. 2014 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Matěj Batha
Jeder solle vor seiner eigenen Tür kehren, besagt ein Sprichwort. Aber was gilt für diejenigen, die sich von Berufs wegen um fremde Abfälle kümmern? In der tschechischen Hauptstadt hat sich in den vergangenen Wochen ein bizarrer Kampf um die Mülltonnen abgespielt. Weil sie sich darum stritten, wer die Abfälle der Prager abtransportieren darf, sind zwei Entsorgungsfirmen aneinandergeraten.
Begonnen hatte die Auseinandersetzung, als das Unternehmen Pražské služby (PSAS) neue Container aufstellte. Die waren dazu gedacht, den Übergang eines Teils der Firma an die Technische Straßenverwaltung (TSK) vorzubereiten. Der Konkurrent AVE CZ beklagte daraufhin, die neuen Container würden den Betrieb der eigenen behindern. Ein Rechtsvertreter schrieb zunächst einen Brief an PSAS, mit der Aufforderung, die Container binnen 24 Stunden zu entfernen. Als keine Reaktion kam, machte das Unternehmen, worauf es spezialisiert ist: Es entsorgte die störenden Behälter der Mitbewerber kurzerhand selbst. Das wollte PSAS sich nicht gefallen lassen.
Zwei Tage später setzten sich Vertreter beider Unternehmen schließlich an einen Tisch. „Das Ergebnis der Verhandlungen ist, dass PSAS keine Behälter mehr in den Straßen aufstellen wird, im Gegenzug hört AVE damit auf, die Container von PSAS in den Stadtteilen Prag 3, 9, 10 und 14 wegzuräumen“, sagte eine AVE-Sprecherin. Damit war ein Waffenstillstand im Müllkrieg erreicht.
Am Mittwoch vergangener Woche entschied jedoch der noch amtierende Prager Stadtrat, dass die Abfälle von November an für drei Monate wie bisher entsorgt werden sollen: von PSAS und den Subunternehmen, zu denen neben AVE auch Komwag und Ipodec zählen. Die entsprechenden Aufträge in Höhe von 250 Millionen Kronen (etwa 9 Millionen Euro) ohne Umsatzsteuer vergab der Stadtrat ohne öffentliche Ausschreibung. Damit sei das Problem für drei Monate aufgeschoben, kommentierte ein PSAS-Sprecher die Entscheidung.
AVE fürchtet um seinen Ruf
Prager Bürger können aufgrund der geplanten Umstellung mancherorts schon seit einigen Wochen doppelt so viele Müllcontainer sehen wie bisher. Der Entsorger AVE fürchtet um seinen Ruf, weil er die Tonnen des neuen Entsorgers nicht leeren darf. Die Menschen würden ihren Müll aber schon jetzt in die neuen Container werfen und sich dann bei AVE beschweren, dass die Abfälle nicht abgeholt werden. AVE darf nur die eigenen Behälter leeren.
Die Episode um die entsorgten Mülltonnen ist nicht das erste Problem, das die Hauptstadt mit ihren kommunalen Abfällen hat. Für die Abholung entstehen jährlich Kosten in Höhe von etwa einer Milliarde Kronen (etwa 36 Millionen Euro). Die Stadt ist Mehrheitseigentümer von PSAS, etwa ein Fünftel des Unternehmens gehört der Firma EP Industries, die unter anderem Eigentümer von AVE ist. Einen Teil von PSAS will die Stadt an die Technische Straßenverwaltung übertragen, die als stadteigene Firma Aufträge ohne öffentliche Ausschreibung erhalten kann. Dagegen hat sich jedoch das Kartellamt eingeschaltet: Am Tag vor der entscheidenden Versammlung verhinderte es die Übergabe mit einer vorläufigen Maßnahme. Der Streit um die Prager Abfälle ist sicher noch nicht endgültig beendet.
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