Jesu Geburt für jedermann
Krippen im ganzen Land veranschaulichen zur Adventszeit die Weihnachtsgeschichte
19. 12. 2012 - Text: Yvette PolášekText: Yvette Polášek; Foto: Mětské divadlo Česky Krůmlov
Einer Legende zufolge war es Franz von Assisi, der die erste Weihnachtskrippe errichtete. 1223 ließ der Heilige in einem Waldstück bei Greccio das Weihnachtsgeschehen in einem Stall nachspielen. Anstelle einer Predigt wollte er so den Menschen die Geschichte um Christi Geburt lebhaft näherbringen.
In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich die figürliche Darstellung des Weihnachtsgeschehens weiter. Das Aufstellen von Krippen zur Adventszeit wurde vor allem in Kirchen zur Tradition, mitunter sogar Prestigesache. Unter den österreichischen Herrschern Maria Theresia und Joseph II. wurden die Krippen im 18. Jahrhundert aus öffentlichen Gebäuden verbannt und hielten Einzug in den Privatbereich. Seitdem sind sie von dort nicht mehr wegzudenken. Bis heute gehören die Krippen zum festen Bestandteil des kirchlichen und häuslichen Adventsschmucks. Auch in Tschechien ist dieser Weihnachtsbrauch fest verankert. Von Holz-, Glas-, Keramik-, Lebkuchen-, Leder- und Papierkrippen über lebendige Krippendarstellungen bis hin zur größten mechanischen Krippe der Welt ist hier alles finden.
Echte Vierbeiner
„Die lebendige Krippe“ verkörpert die ursprüngliche Darstellungsform der Weihnachtsgeschichte. Diese Tradition pflegt der kleine Ort Borovany östlich von České Budějovice seit 21 Jahren. Groß und Klein der rund 4.000 Einwohner sind eingebunden, der jüngste Darsteller bislang war zarte fünf Monate alt, der älteste 57. Und auch die vierbeinigen Gefährten kommen zum Zug – von Hasen, Katzen, Hunden und Hähnen über Ziegen, Schafe und Ponys bis hin zum Kamel war schon alles vertreten.
Krippen ganz anderer Art – nicht mit lebenden Darstellern – sondern aus Glas, können in der alten Glasmacherstadt Železný Brod (Eisenbrod) südöstlich von Liberec bewundert werden. Diese einzigartige Schau wurde 2009 von Alena Kortanová ins Leben gerufen, inspiriert durch die Glasfiguren, die ihre Mutter zu Zeiten des totalitären Regimes in der hier ansässigen Glasmanufaktur angefertigt und mit nach Hause gebracht hat. „Ich wusste, dass auch andere Fabrikarbeiter ihre eigene originelle Krippe mit Glasfiguren besitzen. So kam mir der Gedanke, diese auszuleihen und mit ihnen eine Weihnachtsausstellung für die Öffentlichkeit zu gestalten“, erzählt die Gründerin der Glaskrippenexposition, die nun bereits zum vierten Mal zu sehen ist.
Zu Weltruhm hat es die mechanische Krippe des Strumpfherstellers Tomáš Krýza gebracht, die das Museum in Jindřichův Hradec 1935 als Geschenk erhielt. An der rund 60 Quadratmeter großen Krippe hat Krýza beinahe 60 Jahre lang gewerkelt. Mit seinen 1.398 Figuren und Tieren hat es sein Lebenswerk dann auch ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft: Es ist die größte volkstümliche mechanische Krippe der Welt.
Geschichte aus Papier und Holz
Eine Vielzahl weiterer Krippen kann im privaten Weihnachtskrippen-Museum in Karlštejn bewundert werden. Seit 1995 stellt Romana Trešlová in der Pfarrei vom Keller bis zum Dachboden Krippen aus verschiedenen Epochen aus. Zu den wertvollsten Stücken zählt die mechanische Königskrippe, die ganze 80 Quadratmeter beansprucht. Sie spiegelt mit 46 beweglichen Marionetten die Kulisse der Burg Karlštejn wider und lässt die Besucher zum Klang stilgerechter Musik in Karlsteiner Geschichten eintauchen. Unter den hölzernen Darstellern dürfen auch die bedeutendsten tschechischen Herrscher nicht fehlen, vom Heiligen Wenzel über Karl IV. bis zu Tomáš G. Masaryk.
Krippen aus vergänglicherem Material hat Svatava Vizinová in Zábrdíl bei Prachatice zusammengetragen. Ihre private Sammlung – zurzeit die größte Ausstellung von Papierkrippen im Land – umfasst 900 Werke, an die 800 warten noch in ihrem Archiv darauf, ausgeschnitten und zusammengesetzt zu werden. „Meine kleinste ausgestellte Papierkrippe befindet sich in einer Zündholzschachtel, die größte misst 3,65 Meter. Das älteste Original, das ich besitze, stammt aus Italien aus dem Jahr 1820. Die älteste tschechische Papierkrippe ist rund 160 Jahre alt“, erzählt die Besitzerin stolz.
Zu den Krippenbesitzern aus Überzeugung zählt auch der Holzschnitzer Karel Tittl, der gemeinsam mit Pavel Svoboda die großflächige, bewegliche Krippe in Sušice errichtet hat. Das Meisterwerk misst sechs mal dreieinhalb Meter und ist im Böhmerwald-Museum ausgestellt. In Velhartice, hinter seiner Werkstatt, steht eine seiner Privatkrippen, der vier mal zweieinhalb Meter große „Velhartický Betlém“. Besucher sind herzlich willkommen, das Eintrittsgeld fließt in die Erhaltung der lokalen Friedhofs-kirche.
Ganz den Krippen hat sich der Ort Třešť zwischen Jihlava und Telč verschrieben. Hier im Schumperter Haus wird seit über zehn Jahren eine Krippe ausgestellt, die während des alljährlichen Treffens der Holzschnitzer entsteht. Über 700 Einzelteile wurden von verschiedenen Künstlern zusammengesetzt. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, öffnen doch in Triesch zwischen 26. Dezember 2012 und 2. Februar 2013 rund 20 der 50 hier ansässigen Familien, die selbst Weihnachtskrippen bauen, den Besuchern ihre Haustüren, um ihnen einen Blick auf ihre privaten Krippen zu gewähren.
Krippen im Überblick
Borovany, Donnerstag, 20. Dezember in České Budějovice/Piaristické náměstí, Freitag, 21. Dezember in Třeboň/Masarykovo náměstí, Samstag, 22. Dezember in Borovany/klášterní zahrada – jeweils um 17 Uhr, www.borovany-cb.cz
Gläserne Krippe (Skleněné betlémy), Stadtgalerie Vlastimila Rady, náměstí 3. května, Železný Brod, geöffnet: Di.–So. 13–16 Uhr, bis 6. Januar 2013, www.zeleznybrod.cz
Weltweit größte mechanische Krippe (Krýzovy jesličky), Museum Jindřichův Hradec, Balbínovo nám. 19/I, Jindřichův Hradec, www.mjh.cz
Königskrippe (Královský betlém) im Museum der Weihnachtskrippen (Muzeum Betlémů), Karlštejn, ganzjährig geöffnet: täglich 10–17 Uhr, www.muzeumbetlemu.cz
Mechanische Weihnachtskrippe von Rudolf Frinta, Bestandteil der Ausstellung „Betlém vánoční“ in Hlinsko, 11.–30. Dezember (außer am 24./25.12.), www.vesely-kopec.eu
Papierkrippen (Muzeum papírových betlémů), Zábrdí u Husice, ganzjährig geöffnet. Die Besitzerin wohnt vor Ort und öffnet auf Nachfrage. Tel. +420 737 658 054, www.papirove-betlemy.cz
Bewegliche, mechanische Krippe im Museum Šumava, nám. Svobody 40, Sušice, ganzjährig geöffnet: täglich 9–18 Uhr
Velhartický Betlém, Velhartice 86, Kolinec, www.rezbarstvitittl.unas.cz
Weihnachtskrippen-Dorf Třešť, Verein der Freunde von Weihnachtskrippen, www.trest.cz
Sommerfrische in der Steiermark
An der Blutigen Straße