Umbrüche und stille Momente

Umbrüche und stille Momente

Haus der Fotografie dokumentiert gesellschaftlichen Wandel

4. 12. 2014 - Text: Franziska NeudertText: fn; Foto: Dagmar Hachová/Dům fotografie, GHMP

Doppel- und Mehrfachbelichtungen haben einen verblüffenden Effekt. Indem verschiedene Motive übereinandergelegt werden, verschwimmen die Realitätsebenen. So entstehen transparente Bilder, auf denen beispielsweise die Silhouette eines Mannes in die Hauswand übergeht, vor der er steht. „Doppelbelichtung“ („Dvojexpozice“) heißt der Titel der Ausstellung, die derzeit im Haus der Fotografie zu sehen ist. Wie der Name verrät, wirft sie ein Licht auf verschiedene Wirklichkeiten: auf jene, die in den ausgestellten Fotografien eingefangen wurden, sowie auf die Wirklichkeiten, die im Rezipienten heraufbeschworen werden, wenn er die Bilder betrachtet.

Zu sehen sind insgesamt 160 Aufnahmen von mehr als 60 tschechischen und slowakischen Fotografen, darunter anerkannte Künstler wie Jan Saudek, Eva Fuková und Dagmar Hochová, aber auch unbekannte Amateurfotografen.

Die Fotos entstanden in der Zeitspanne von den zwanziger Jahren bis zur Gegenwart. Damit stellen sie bedeutende Zeugnisse der gesellschaftlichen Entwicklung des Landes dar. Vor allem die Aufnahmen aus den achtziger und neunziger Jahren sind eindrückliche Dokumente der Ereignisse um die Samtene Revolution. Bekannt dürfte besonders Jaroslav Kučeras Foto sein, das er am 24. November in der Laterna Magika aufgenommen hat. Es zeigt den gelösten Václav Havel, der Alexander Dubček umarmt; in derselben Nacht trat die Führung der KSČ zurück.

Die Bilderauswahl spiegelt nicht nur gesellschaftspolitische Veränderungen wider, sondern verschafft dem Betrachter auch einen Überblick über die Entwicklung der Fotografie. So umfassen die Exponate nicht nur herkömmliche Dokumentarfotografien und Mehrfachbelichtungen, sondern auch experimentelle Arbeiten aus der Zeit des Surrealismus sowie Fotogramme, Fotomontagen und -collagen.

Die Aufnahmen, die allesamt aus dem Fundus der Galerie der Haupstadt Prag stammen, folgen keiner chronologischen Ordnung. Lose und eher durcheinander aufgehängt, soll das Arrangement die Eigenständigkeit jedes einzelnen Bildes betonen.

Doppelbelichtung. Haus der Fotografie (Revoluční 5, Prag 1), geöffnet täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 120 CZK (ermäßigt 60 CZK), www.ghmp.cz, bis 1. Februar 2015