Kommentar: Latente Fremdenskepsis
Islamfeindlichkeit entbehrt jeglicher Grundlage
21. 1. 2015 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: F. Neudert
Das soziologische Phänomen ist so altbekannt wie sonderbar: In Regionen, in denen wenige bis gar keine Menschen aus anderen Ländern und Kulturen leben, ist die Ablehnung gegenüber Fremden umso größer. In Deutschland wird diese These zur Zeit anhand der Pegida-Kundgebungen in Dresden bestätigt. Nun schaffen es auch tschechische Islamgegner, eine Bedrohungskulisse an die Wand des „Abendlandes“ zu malen, von der sich viele einschüchtern lassen. Für sie ist der Islam prinzipiell terrorfördernd und menschenverachtend.
Die Bewegung „Wir wollen keinen Islam in Tschechien“ zählt auf ihrer Facebook-Seite bereits mehr als 110.000 Fans. Das ist bedenklich. Das Ganze wird noch irritierender, wenn man in Betracht zieht, dass die muslimische Minderheit in Böhmen und Mähren verschwindend klein ist. Die meisten Islamgegner dürften keinen einzigen Muslim persönlich kennen. Offensichtlich entfaltet hier die moderne Medien- und Informationsflut ihre Wirkung.
Terror-Themen dominieren die Schlagzeilen und so steigt das subjektive Empfinden, die islamische Überfremdung und Bedrohung sei unmittelbar. Nur ist sie gerade dies nicht. Auch wenn man die Augen vor den aktuellen weltweiten Ereignissen und den Problemen, mit denen muslimische Gesellschaften vielerorts kämpfen – fehlender Reformgeist, Konservatismus, Radikalisierung durch Armut – nicht verschließen darf. Den grundsätzlich eher nüchternen, säkularen tschechischen Nationalcharakter durchdringt leider immer wieder latente Fremdenskepsis – gerade weil man Immigration kaum kennt.
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