Tanzender Mischmasch
Das Festival „Dance transit“ will die Städte Prag, Leipzig und Dresden enger vernetzen
28. 1. 2015 - Text: Franziska NeudertText: Franziska Neudert; Foto: „Boys who like to play with dolls“/Antonín Matějovský
Wie sieht zeitgenössischer Tanz aus? Was verbindet die deutsche Tanzszene mit der tschechischen? Worin unterscheiden sich beide und welche Impulse können sie einander geben?
Mit viel Freude zum Experiment und leichten Fußes setzt sich das grenzüberschreitende Tanzfestival „Dance transit“ mit diesen Fragen auseinander. Für knapp einen Monat bringt es erstmals Tanzensembles aus Prag, Leipzig und Dresden zusammen. Seinen Auftakt nimmt das Festival am 8. Februar in den Theatern Archa und Ponec in der tschechischen Hauptstadt. Danach reist es weiter nach Leipzig, wo es am 28. Februar über die Bühne des Theaters LOFFT geht, um schließlich im Europäischen Zentrum der Künste in Dresden-Hellerau auszuklingen.
„Die drei Städte liegen sich sehr nahe und doch gibt es bisher zu wenig künstlerischen Austausch zwischen ihnen. Dance transit ist da ein Schritt in die richtige Richtung, einen regelmäßigen Transit zwischen den drei Kunst- und Kulturmetropolen herzustellen“, erklärt Sebastian Göschel vom Leipziger LOFFT. Pläne für das Festival habe es schon seit längerer Zeit gegeben. Die Initiative ging dabei vom Europäischen Zentrum der Künste in Hellerau aus. Von den anderen Theaterhäusern sei sie nur zu gern angenommen worden, sagt Göschel.
„Die im Festival verbundenen Institutionen arbeiten bereits länger zusammen, aber noch nie haben wir ein gemeinsames Festival in drei Städten bestritten. Uns verbindet sicher der Blick auf den Tanz und der Wunsch, unseren jeweiligen Szenen einen internationalen Austausch zu ermöglichen. Was wir hinter den Kulissen austauschen, sollte auch für unsere Zuschauer sichtbar werden“, erläutert Frauke Wetzel vom Kulturzentrum Hellerau die Motivation der Organisatoren. „Mit dem Festival wollen wir auch als Impulsgeber fungieren. Wie wichtig es ist, dass sich lokale Tänzer international vernetzen, zeigt sich an einer immer größeren Abwanderung kreativer und interessanter Choreografen aus Sachsen wie zum Beispiel Hermann Heisig oder Irene Schröder, die ihren Arbeitsmittelpunkt nach Berlin verlegt haben, da sie dort die Möglichkeit haben, mit der internationalen Tanzszene zusammenzuarbeiten.“
Ohne Hürden
Ein erstes Arbeitstreffen gab es im Januar vergangenen Jahres. Der aufwendigste Teil der sich anschließenden Kooperation habe in der Gestaltung des Programms und der Auswahl der Ensembles bestanden, so Wetzel. „Alle Stücke wurden von den Programmleitern der jeweiligen Häuser gesichtet und mit den Partnern diskutiert.“
Sprachbarrieren haben weder Organisatoren noch Künstler dabei überwinden müssen. „Die gibt es generell bei international aufgestellten Häusern wie Ponec, Archa, LOFFT und Hellerau und den international auftretenden Ensembles nicht“, wie Wetzel sagt. „Wir hatten trotzdem den Vorteil, eine tschechischsprachige Mitarbeiterin in Hellerau zu haben und Koordinatoren auf tschechischer Seite, die jahrelang im Ausland gelebt haben. Manchmal schreiben wir uns Sätze wie „I love mišmaš“ oder „Boys will stay until 2.3., protože mají ještě další představení“ auf.“
Der tschechisch-englische Mischmasch verwundert nicht, denn vor allem mit dem Prager Theater Archa pflegt die Dresdner Bühne seit Jahren einen regen Austausch. „Dazu gehört auch unser Publikumsaustausch. Die Reihe „Moving audience“ wird das nächste Mal am 14. Februar von Prag nach Hellerau fahren. 70 Personen werden dabei sein und das Dresdner Publikum bei der Vorstellung der Forsythe-Company verstärken“, erklärt Wetzel.
Neben aktuellen Tanzperformances – die, so Wetzel, „wir viel zu wenig in Sachsen zu sehen bekommen“ – wie zum Beispiel von der mehrfach preisgekrönten „Spitfire Company“ aus Prag stehen auch Konzerte und Führungen durch das Festspielhaus auf dem Dresdner Programm. Darüber hinaus werden Workshops für die Tänzer, Choreografen und Produzenten aus Tschechien und Deutschland angeboten.
Neben einem engeren künstlerischen Austausch erhoffen sich die Beteiligten zudem, ein nachhaltiges, grenzüberschreitendes Netzwerk zu schaffen. „Dance transit soll keine einmalige Sache bleiben“, bringt Göschel das Ziel der Veranstalter auf den Punkt. So soll das Festival auch im nächsten Jahr wieder stattfinden und die lebendige Tanzszene der Städte zusammenbringen.
Festivalprogramm
Divadlo Archa | Prag
8. und 9. Februar, 20 Uhr:
420People & Ann Van den Broek: Phrasing the Pain
Hermann Heisig, Nuno Lucas: Pongo Land
Divadlo Ponec | Prag
9. Februar, 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr
Robert Bosch Workshop
10. Februar, 20 Uhr
Davide Sportelli: Vessels
Wagner Moreira: Um(-)räumen!
12. Februar, 20 Uhr
Anna Till: Flat Scream
NANOHACH & Veronica Švábová: MOVE ON
Theater LOFFT | Leipzig, 28. Februar
Kulturzentrum Hellerau | Dresden, 27. Februar bis 6. März
Informationen unter www.hellerau.org und www.lofft.de
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