Versickerte Ölreserven
Tschechien streitet mit der insolventen deutschen Viktoriagruppe um Rohstoffvorräte
29. 1. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Trevor MacInnis
Die Tschechische Republik bangt um einen Teil ihrer Ölreserven, den die Verwaltung der staatlichen Rohstoffreserven (SSHR) im oberbayerischen Krailling gelagert hat. Sie befinden sich in einer Anlage des Unternehmens Viktoriagruppe, das im Dezember vergangenen Jahres in Deutschland Insolvenz beantragt hat.
Der Insolvenzverwalter bestreite nun, dass das Erdöl der Tschechischen Republik gehört, sagte am Freitag vergangener Woche der Leiter der SSHR Pavel Švagr. Er dagegen behauptet, seine Behörde habe im Dezember Dutzende Unterlagen nach Deutschland geschickt, die das Gegenteil beweisen würden. Außerdem garantiere ein internationales Abkommen, das 2004 mit der deutschen Regierung unterzeichnet worden sei, die Einlagerung. Die Gegenseite argumentiert Švagr zufolge damit, dass 2010 bei einem Transport nach Deutschland tschechisches Öl mit dem der Firma vermischt worden sei. Zudem sollen die Vertragsbeziehungen zwischen der SSHR und dem Unternehmen nicht den deutschen Rechtsvorschriften entsprechen.
Tschechien verfügt über Erdölreserven für etwa 95 Tage. Ursprünglich war nur vorgesehen, dass das deutsche Unternehmen einen Teil davon in Tschechien lagern soll. Im Jahr 2010 wurde jedoch eine zusätzliche Vereinbarung geschlossen, die es der Firma ermöglichte, die Reserven auch im Ausland aufzubewahren. Dieser Klausel gegenüber habe auch er eine Menge Vorbehalte, räumte der Leiter der SSHR ein. Darin sei zum Beispiel nicht geregelt, auf welchem Weg das Öl im Notfall nach Tschechien gelangen sollte.
Noch bevor die Viktoriagruppe im Dezember Insolvenz beantragte, hatte Tschechien bereits seinen Brennstoff aus den tschechischen Speichern der Firma in Behälter des staatlichen Betriebs Čepro verlagert. Über den Transport des in Deutschland gelagerten Vorrats für etwa zwei Tage konnte man sich jedoch nicht einigen. Sein Wert beläuft sich auf mehrere Hundert Millionen Kronen.
Premierminister Bohuslav Sobotka (ČSSD) hatte bereits Mitte Januar öffentlich bezweifelt, dass es gelingen werde, die Reserven zurückzuholen. Die Schuld sieht er bei den Vorgängerregierungen, die zwar auf die verdächtigen Umstände aufmerksam gemacht worden seien, aber nicht gehandelt hätten. Industrieminister Jan Mládek (ČSSD) forderte, dass sich der Sicherheitsrat erneut mit der Angelegenheit befassen sollte.
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