Experten für die stärkste Wirtschaft der Welt
Zum ersten Mal bietet eine tschechische Hochschule eine Spezialisierung auf den chinesischen Markt an
30. 1. 2015 - Text: Corinna Anton
Kann Tschechien etwas von China lernen? Als Präsident Miloš Zeman im Oktober vergangenen Jahres bei einem Staatsbesuch im chinesischen Staatsfernsehen erklärte, er sei gekommen, um zu lernen, wie man eine Gesellschaft stabilisiert, war die Empörung zu Hause in Tschechien groß. Unter anderem Jiří Dienstbier, Minister für Menschenrechte, kritisierte Zeman für diese Aussage. Der erklärte daraufhin, er habe keineswegs gefordert, die chinesischen Erfahrungen auf Tschechien zu übertragen, aber man müsse China verstehen.
Wenn sich tschechische Politiker so freundlich gegenüber China zeigen wie das Staatsoberhaupt, dann sehen sie das Land vor allem als Wirtschaftsmacht und wittern Chancen für einheimische Unternehmen und Arbeitskräfte. In diese Richtung geht nun auch die Hochschule für Technik und Wirtschaft (VŠTE) in České Budějovice (Budweis). Ihre Studenten sollen nicht von, sondern über China lernen. Deshalb bietet sie im kommenden akademischen Jahr erstmals einen Studiengang an, der Experten für das Geschäft mit und in China hervorbringen soll. Die sogenannte „Spezialisierung auf den chinesischen Markt“ wird Teil des Faches Betriebswirtschaft sein. Es ist das erste Mal, dass es in Tschechien die Möglichkeit gibt, einen solchen Studienschwerpunkt zu wählen.
Studenten der VŠTE können sich künftig ab dem zweiten Jahr ihrer Ausbildung auf den chinesischen Markt spezialisieren. Anfangs wird es für das neue Angebot 20 Plätze geben. Die Nachfrage ist Rektor Marek Vochozka zufolge um ein Vielfaches höher. Voraussetzung für die Teilnehmer seien daher hervorragende Kenntnisse, vor allem der englischen Sprache. Auf dem Lehrplan werden unter anderem Chinesisch-Kurse und Seminare über Kultur, Ethik und Geschäftsverhandlungen in der Volksrepublik stehen. Bei der Gestaltung des Angebots arbeitet die VŠTE mit der Universität in der chinesischen Provinz Henan zusammen. Von dort sollen Akademiker nach České Budějovice kommen, um Vorlesungen zu halten. „Die chinesische Wirtschaft ist ein Phänomen, das man nicht ignorieren darf. Aber kaum jemand versteht sie, kann sich in diesem Bereich orientieren“, glaubt Vochozka.
Die Vorbereitungen für das Studium mit Schwerpunkt auf den chinesischen Markt haben bereits im April vergangenen Jahres begonnen, als Ma Keqing, Botschafterin der Volksrepublik in Prag, die Hochschule in Südböhmen besuchte, um den Campus zu besichtigen und mit der Universitätsleitung zu verhandeln. Sie versprach dabei „maximale Unterstützung“ bei der Organisation, einschließlich der Kommunikation mit den chinesischen Partnern, berichtet der Rektor. Seine Hochschule arbeitet bereits einige Jahre mit chinesischen Universitäten zusammen. „Das liegt natürlich daran, dass der chinesische Markt ein riesiges Potenzial hat“, meint Vochozka. Die Ausrichtung werde nicht nur von Unternehmern in Südböhmen nachgefragt, sie spiegle auch die Realität der Weltwirtschaft wider. „Im Jahr 2014 wurde die chinesische Wirtschaft die stärkste der Welt und kehrte nach 150 Jahren auf den sonnigen Platz zurück, auf dem sie sich vor langer Zeit befand.“
Die VŠTE wurde im Jahr 2006 gegründet und ist die jüngste öffentliche Hochschule des Landes. Derzeit zählt sie etwa 4.000 Studenten in den Bachelorstudiengängen Maschinenbau, Verkehrs- und Transporttechnik, Baustatik, Betriebswirtschaft und Baumanagement sowie im Masterstudiengang Logistik-Technologie, der im Oktober vergangenen Jahres eröffnet wurde. Zur Hochschule gehört auch das neue Zentrum für technische Studien in Tábor. Neben der Spezialisierung auf den chinesischen Markt will die Hochschule im kommenden Studienjahr erstmals auch einen Schwerpunkt der Ausbildung im Bereich Inlandstourismus anbieten.
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