Abstrakte Ästhetik für jedermann
In der Galerie Rudolfinum geht die Ausstellung „Model” der Frage nach Wahrnehmung und Realität nach
4. 2. 2015 - Text: Peter HuchText: Peter Huch; Foto: Rudolfinum
Wie kann Alltägliches mit neuen Augen gesehen werden? Eine mögliche Antwort auf diese Frage bietet die moderne plastische Kunst, indem sie die Phantasie des Betrachters weckt. Ihre Schöpfer rekonstruieren und abstrahieren Gewohntes und erschaffen bisher Ungesehenes. Die Ausstellung „Model” in der Galerie Rudolfinum untersucht, wie sich diese artifiziellen Objekte zur Wirklichkeit verhalten und konfrontiert den Betrachter mit den Materialisierungen der künstlerischen Vorstellungskraft.
Hierzu werden Modelle von elf zeitgenössischen Künstlern ausgestellt — die Bandbreite ihrer Ideen ist so vielseitig wie ihre Herkunft. Die Arbeiten reichen von simplen Imitationen von Gebrauchsgegenständen bis hin zu schwer interpretierbaren Abstraktionen.
Wie historische Objekte wirken dabei die Skulpturen des tschechischen Bildhauers und Schriftstellers Jaroslav Rónas. Der 57-jährige Prager entwirft Gegenstände, die aussehen, als würden sie einer längst verfallenen Zivilisation entstammen. Durch den Bronzeton wirken die Werke tatsächlich wie Fundstücke von Ausgrabungen. Doch manch futuristisches Element, wie zum Beispiel eine raketenförmige Plastik, zieht den ersten Eindruck in Zweifel.
Der Niederländer Edwin Zwakman stellt lediglich Fotografien seiner dreidimensionalen Konstruktionen aus. Die auf den ersten Blick authentischen Landschaftsaufnahmen von Plattenbauten, einem Bagger oder einem Strommasten im freien Feld erweisen sich als von Zwakman modellierte Kunstobjekte in Kleinformat.
Besonders beeindrucken die Skulpturen der 34-jährigen Slowakin Pavla Sceranková. Ein Objekt erinnert von einer Seite an eine Blume und schon im nächsten Moment, von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet, wie die Visualisierung von Schallwellen. Die vielschichtigen Interpretationsmöglichkeiten, die Scerankovás Werken innewohnen, faszinieren und überzeugen auch in ästhetischen Belangen.
Kurator Ladislav Kesner und seinen Autoren gelingt es, dem Publikum abstrakte Plastiken des modernen Kunstbetriebes verständlich und auf spannende Art und Weise erfahrbar zu machen. Dabei helfen auch ergänzende Fotoreihen und Videoarbeiten, die die gelungene Schau ergänzen.
Model. Galerie Rudolfinum (Alšovo nábřeží 12, Prag 1), geöffnet: täglich außer montags 10 bis 18 Uhr (Do. bis 20 Uhr), Eintritt: 130 CZK (ermäßigt 80 CZK), bis 3. Mai 2015
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