Mit Kater im Café
Martina Pařízková hat ein Lokal mit einem hierzulande neuartigen Konzept eröffnet. Ein Besuch im ersten Katzencafé Tschechiens
4. 2. 2015 - Text: Peter HuchText: Peter Huch; Foto: T. Hososhima
Schon der Eingangsbereich verrät, dass man es hier mit keinem normalen Café zu tun hat. In dicken Lettern wird aufgefordert, die Glastür sofort nach Betreten des Lokals wieder zu schließen, damit niemand entkommen kann, der es nicht soll. Genau genommen sind es die vier Kater und drei Katzen, die Martina Pařízková ungern in den Stadtdschungel Žižkovs entfliehen sieht. Die Mittfünfzigerin hat vor etwa einem halben Jahr das erste Prager Katzencafé eröffnet. Damals war die „Kočkavárna“ sogar die erste Einrichtung ihrer Art im ganzen Land.
Das Konzept der „Kočkavárna“ ist simpel: Obwohl die eleganten Haustiere oft unberechenbar und launisch sind, strahlen sie gemäß Pařízková auch Ruhe und Gemütlichkeit aus. In Verbindung mit dem entspannenden Besuch im Kaffeehaus ergibt dies eine ideale Mischung – sofern man die Vierbeiner mag und keine Katzenhaarallergie hat.
Genau deswegen ist Frau Šmídová hier. Ihr Mann sei leider allergisch und somit müsse die Rentnerin ihr Leben ohne ihre Lieblingstiere verbringen. Dank Martina Pařízková kann sie nun ihrer Zuneigung für Katzen frönen. „Inzwischen komme ich wöchentlich hierher, neuerdings habe ich sogar einen Liebling. Er kommt sofort zu mir, wenn ich mich setze.“ Šmídová zeigt auf die grau-braun-gestreifte Maria Theresa, die die ältere Dame mit ihrem Schnurren bezirzt.
„Das Café ist die Lebenswelt der Tiere, und die Menschen sind hier lediglich zu Gast,“ steckt Pařízková die Rollen klar ab. „Doch im Grunde wissen sich die meisten Anwesenden, Gäste wie Katzen, zu benehmen. Nur die Kinder sind teilweise etwas wild im Umgang mit den Vierbeinern“, so die Chefin des Hauses. Denn auch wenn dieser Platz der ideale Ort sein soll, um die Seele baumeln zu lassen, die beschworene entspannte Atmosphäre kann schnell kippen. Sei es weil die Tiere aufdringlich versuchen, sich an den Speisen und Getränken zu vergehen oder weil sich Kinder auf Katzenjagd begeben. Es kann auch mal krachend laut werden, wenn das Geschirr von einem Kätzchen über den Tischrand geschoben wird.
Da die Tiere fast alle nur einige Monate alt sind, ist ihr Spieltrieb äußerst ausgeprägt. Das birgt nicht nur Risiken für die Gegenstände, sondern stellt auch Herausforderungen an die Mitarbeiter. „Es ist schon anstrengend. Es sind ja nicht nur die Kunden, um die wir uns kümmern müssen, wie in einem normalen Gasthaus, sondern auch die Katzen, die umsorgt werden wollen“, so Jana, die Tochter der Besitzerin, die ihr im Betrieb aushilft.
Großer Aufwand
Die „Kočkavárna“ ist natürlich speziell auf die Bedürfnisse der Katzen ausgerichtet. Auf den Fenstersimsen gibt es keine Pflanzen, sondern nur kleine Sitzkissen. Zusätzlich stehen Katzenbäume zwischen den Tischen und in der Hinterstube steht sogar eine Art „Catwalk“, eine Bretterstiege, die die Wand hinaufführt und auf der die Katzen balancieren können. Die Arbeit mit den sieben Haustieren erfordert viel Aufwand. Zwei ständig anwesende Mitarbeiterinnen braucht das Café mindestens, obwohl die Räumlichkeiten lediglich Platz für neun Tische bieten.
Neben den besonderen Hygienevorschriften, die in dem Café gelten, gibt es noch weitere Eigenheiten wie zum Beispiel ein spezielles Rückzugszimmer für die Tiere, wenn sie von den Menschen genug haben. „Tierschutz ist wichtig. Wenn die Katzen keinen Platz hätten, an dem sie ihre Ruhe haben, könnten die Kleinen schnell verrückt werden“, erklärt Pařízková.
Das eigenwillige Gastronomiekonzept scheint sich bisher durchzusetzen: Die Besucherzahlen sind beeindruckend, ohne Reservierung hat man keine Chance auf einen Sitzplatz. Der außerordentliche Aufwand im Vergleich zum ohnehin schon stressigen Gastgewerbe macht sich also bezahlt. „Die Arbeit ist zwar hart, aber auch unheimlich befriedigend“, so Pařízková. „Unsere Kunden wissen es zu schätzen, in einer Hand einen Latte macchiato zu halten und mit der anderen das Kinn eines schnurrenden Katers zu kraulen.“
Katzencafés erobern Europa
Ursprünglich stammt die Idee der Katzencafés von den Haustier vernarrten Japanern. 2004 öffnete die erste derartige Institution in Osaka ihre Türen. Es dauerte dann allerdings einige Jahre, bis der Trend auch den europäischen Kontinent erfasste. Ob in Wien, Paris, Köln oder Berlin: Inzwischen finden Katzenliebhaber in fast jeder Großstadt ein Lokal, wo sie für ein paar Stunden zum Kaffeegenuss ihre Lieblingstiere streicheln können. In den meisten dieser Cafés muss man die Katzen allerdings gegen Entgelt „mieten“. Das „Lady Dinah’s Cat Imperium“ in London war eines der ersten und gleichzeitig exklusivsten Katzencafés Europas. Das Lokal ist in der Regel schon mehrere Wochen im Voraus ausgebucht. Im typischen Hundehalter-Land Tschechien folgte im Sommer 2014 die Premiere mit Martina Pařízkovás „Kočkavárna“ im Prager Stadtteil Žižkov. Inzwischen schlossen sich der Idee drei weitere tschechische Gastronomen mit einem ausgeprägten Sinn für Katzen an.
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