Kommentar: Was zu erwarten war
Babiš erkennt in seinen unterschiedlichen Funktionen nach wie vor keinen Interessenkonflikt
4. 3. 2015 - Text: Josef FüllenbachText: Josef Füllenbach; Foto: anobudelip.cz
Andrej Babiš hat dafür gesorgt, dass ein kritischer Kommentar über seine Bewegung ANO nicht in seiner Zeitung erscheinen konnte. Ob man es nun wie das Internetportal „Echo24.cz“ wirklich Zensur nennen soll, wenn Babiš als Eigentümer der beiden Zeitungen „MF Dnes“ und „Lidové noviny“ darin von treffender und harter Kritik verschont bleiben möchte, mag dahinstehen.
Eher konnte man mit Verwunderung konstatieren, wie lang die Leine ist, die Babiš den beiden Redaktionen bislang gegönnt hat. Im Grunde war aber zu erwarten, dass Babiš irgendwann einmal die Leine straffen wird, um die Grenzen seiner Langmut aufzuzeigen. Nicht zuletzt deshalb haben ja viele Journalisten nach Babišs Einstieg bei „MF Dnes“ und „Lidové noviny“ in weiser Voraussicht Adieu gesagt und unter anderem „Echo24.cz“ gegründet. Sie können sich nun bestätigt fühlen. Schade nur, dass sie das Wagnis gescheut haben, endlich eine qualitätsvolle und unabhängige Tageszeitung zu gründen.
Die wird nämlich in der hiesigen Presselandschaft schmerzlich vermisst. Der wirkliche Skandal bleibt in erster Linie, dass Babiš weiterhin in seinen Funktionen als Vizepremier, Medienmogul und milliardenschwerer Konzernherr mit vielfachen Geschäftsbeziehungen zum öffentlichen Sektor in alledem keinen Interessenkonflikt zu erkennen vermag. Er reagiert gegenüber allen solchen Anwürfen mit Schulterzucken – als ob er die Bedeutung der Vokabel Interessenkonflikt gar nicht verstünde. Und was schließlich am schwersten wiegt: Die breite Wählerschaft scheint diese eklatante Verhöhnung demokratischer Standards nicht zu kümmern. Babiš liegt weiterhin in allen Umfragen vorn.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“