„Flüchtlinge gerechter verteilen“
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer im Exklusiv-Interview
18. 3. 2015 - Text: Klaus HanischText: Klaus Hanisch; Foto: Henning Schlottmann
Als „wahrhaft historisch und einen großen Schritt in Richtung Zukunft“ beurteilt Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer den Verzicht der Sudetendeutschen auf Restitution und Entschädigung, der zu Beginn dieses Monats bekannt gegeben wurde. Dies biete „sehr gute Voraussetzungen für den Ausbau des freundschaftlichen Dialogs“ mit der tschechischen Regierung, sagt Seehofer in einem Exklusiv-Interview mit der „Prager Zeitung“.
Dem bayerischen Regierungschef liegen die Beziehungen zwischen Bayern und der Tschechischen Republik besonders am Herzen. Das bestätigen Mitarbeiter aus seinem Umfeld immer wieder. Als Ministerpräsident stellte Seehofer das Verhältnis zu Tschechien auf eine neue Grundlage. Zugleich sorgte er als Vorsitzender der CSU dafür, dass eine gute Nachbarschaft im Regierungsprogramm seiner Partei für die Jahre zwischen 2013 und 2018 verankert wurde.
Und Seehofer wird nicht müde, diese „Kehrtwende“ und neue Qualität in den nachbarschaftlichen Beziehungen stets selbst zu betonen. So nannte er seine Reise nach Prag im vergangenen Juli „eine Herzensangelegenheit“. Nur ein halbes Jahr später kam Seehofer erneut nach Prag und eröffnete im Beisein des tschechischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka (ČSSD) eine Repräsentanz des Freistaates Bayern. Sie stelle ein Symbol für die gewachsene Freundschaft zwischen Bayern und Tschechien und für ein gemeinsames Europa dar, sagte der Oberbayer bei dieser Gelegenheit.
Und sie soll „ein Symbol für die Kraft der menschlichen Begegnung“ sein. Dies wiederum brachte Seehofer wenige Tage später, im Januar 2015, zum Ausdruck, als er in seiner traditionellen Neujahrsansprache sofort zu Beginn auf das Verhältnis Bayerns zu Tschechien einging. In Zeiten wie diesen brauche man Freunde und eine feste Wertegemeinschaft, führte der Ministerpräsident weiter aus. Dies hindert ihn freilich nicht daran, auch Solidarität unter Freunden einzufordern.
Von Feinden zu Freunden
Nicht ohne Groll beobachtet Seehofer die Verteilung der Flüchtlinge quer durch Europa. Dabei nimmt er auch Tschechien in die Pflicht, wenn er gegenüber der „Prager Zeitung“ betont: „Eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas ist nötig.“ Wolle man die Akzeptanz der europäischen Idee nicht gefährden, müsse Sorge dafür getragen werden, dass einzelne Mitgliedsstaaten in Europa in dieser Hinsicht nicht über Gebühr belastet werden. „Europäische Solidarität besteht nicht nur aus Finanzhilfen und darf keine Einbahnstraße werden“, stellt der bayerische Regierungschef unmissverständlich klar.
Horst Seehofer lässt jedoch auch keinen Zweifel daran, dass Bayern und Tschechen nach Jahrzehnten der Feindschaft und Trennung in seinen Augen nun Nachbarn und Freunde im Herzen Europas sind. Sein Ziel sei, „die Zukunft zu gewinnen“, erläutert Seehofer. Danach richte er all seine Handlungen und Entscheidungen aus: „Auch was die Beziehungen zu Tschechien anbelangt.“
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“