Ein Künstlerschicksal auf CD gebannt
Die Pianistin Božena Steinerová interpretiert Sonaten von Prokofjew und Brahms mit viel Temperament
2. 4. 2015 - Text: Ulrich AlbertsText: Ulrich Alberts; Foto: APZ
Was ein unstetes Leben bedeutet, davon könnte Božena Steinerová viel erzählen. Zu Beginn des Jahres 1947 als Tochter eines Rechtsanwaltes aus Österreich-Schlesien und einer Klavierlehrerin aus Rumänien in Český Těšin geboren, studierte Božena Steinerová von 1966 bis 1971 an der Musikakademie in Prag bei Ilona Štěpanová-Kurzová und später von 1971 bis 1973 bei Rudolf Kehrer am Tschaikowsky-Konservatorium in Moskau. Zudem besuchte sie Meisterkurse berühmter Musikerpersönlichkeiten wie Paul Badura-Skoda und Alfred Brendel.
Nach dem Studium spielte sie mit nahezu allen bedeutenden Orchestern und Dirigenten ihres Heimatlandes, so zum Beispiel mit Jiří Bělohlávek, Zdeněk Košler, Otakar Trhlík und Ladislav Slovak. Im Jahr 1975 trat sie als Solistin des ihr gewidmeten Klavierkonzertes von Jindřich Feld (1925–2007) auf, das sie auch mit der Tschechischen Philharmonie unter Trhlík für Schallplatte aufnahm. 1981 spielte sie erneut mit Trhlík und dem Tschechoslowakischen Rundfunksinfonieorchester das weltberühmte Klavierkonzert in b-Moll von Tschaikowsky ein. Bevor sie 1985 aus der Enge ihres Heimatlandes in die Bundesrepublik Deutschland emigrierte und an verschiedenen Musikschulen tätig war, hatte die Pianistin eine Professur am Prager Konservatorium inne und war als Dozentin an der Karls-Universität angestellt. Nach einer kurzen Zwischenstation in Israel 1992/93 kam sie nach Regensburg und arbeitete dort bis 2009 als Lehrbeauftragte an der Universität. Ein nicht leichtes Schicksal, über das die Pianistin mit doppelter Staatsbürgerschaft in einem Interview mit der Publizistin Zuzana Peterová erzählt; im Booklet der CD ist es wiedergegeben.
Im vergangenen September spielte Steinerová in der Prager Musikhochschule die 6. Sonate op. 82 von Sergej Prokofjew ein sowie die 3. Sonate f-Moll op. 5 von Johannes Brahms. Dmitri Schostakowitsch schrieb im Januar 1941 nach der Uraufführung der Prokofjew-Sonate durch den Komponisten im heutigen Sankt Petersburg: „Die 6. Sonate ist von Anfang bis Ende großartig. Kontrastschärfe prägt das Werk. Wilde brutale Elemente, charakterisiert durch ein erbarmungslos zupackendes Thema auf der einen und lyrische, ausschweifende Melodik von nationalem, immer aber auch juliahaft lichtem und diatonischem Kolorit auf der anderen Seite, stehen sich als zwei Welten gegenüber“.
Dieser Werk-Charakterisierung trägt die Pianistin mit ihrer Einspielung, die durch ein äußerst kraftvolles, mit Drive und Stringenz dargebotenes Spiel auffällt, Rechnung, wobei lyrische Momente eher rar sind. Auch der vollgriffige Klaviersatz der Brahms-Sonate bereitet Steinerová keine Mühe, wenn auch die kompositorische Poetik des Stückes in ihrer Interpretation ein wenig in den Hintergrund rückt. Für diese Einspielung gilt, was der Komponist und Pianist Franz Hummel einmal über das Spiel dieser Tastenakrobatin schrieb: „Ich habe selten eine so hinreißend überzeugende Musiksprache gehört, eine so ehrliche Darstellungskraft und ein so animalisch instinktsicheres Temperament. Was diese Pianistin wirklich kann, wird selbst ihr glücklosester Abend nicht verbergen.“
„Markus von Liberec“
Geheimes oder Geheimnistuerei?