Tod im Museum
Mit Gebeinen und Gebissen lockt eine Ausstellung über Leben und Sterben von Mensch und Tier
2. 4. 2015 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: Nárdoní muzeum
Zartbesaitet sollten Besucher der Ausstellung im Neuen Gebäude des Nationalmuseums nicht sein. Denn dem „Tod“ – so der Titel der Schau – werden sie bei der Besichtigung immer wieder ins Auge blicken. Der erste Teil befasst sich mit Leben und Sterben in der Natur. Zu bestaunen sind unter anderem die Knochen eines Höhlenbären, einer Tierart, die vor etwa 20.000 Jahren ausgestorben ist, und Zähne eines Nashorns, das vor mehreren Millionen Jahren in Mitteleuropa lebte. Ergänzt werden die Gebeine und Versteinerungen um Bilder von Ausgrabungen und Informationen über bedeutende archäologische Funde in Tschechien, Deutschland und Italien.
Um „Fressen und gefressen werden“ geht es im nächsten Raum, in dem sich der Besucher zwischen ausgestopften Raubtieren wiederfindet. Er kommt Löwe, Luchs, Tiger, Wolf und Gepard so nahe, dass ein Gitter aufgestellt wurde, um zu verhindern, dass die Exponate angefasst werden. Schade ist, dass die Infotafeln – die tschechische und englische Texte beinhalten – ebenfalls hinter dem Gitter aufgehängt wurden, was das Lesen erschwert. Einen Eindruck vom Sterben in der Natur vermitteln außerdem Knochengerüste weiterer Raubtiere, etwa der Schädel eines Krokodils und das Skelett eines Tigerhais.
Die Frage, ob es für Tiere auch Friedhöfe gibt (die Antwort der Ausstellung fällt nicht ganz eindeutig aus), führt in den Bereich, der sich mit dem Tod des Menschen befasst. Das rekonstruierte Grab eines keltischen Kriegers steht neben einer Vitrine, in der sich der in Ägypten mumifizierte Leichnam eines fünfjährigen Kindes befindet. Dazwischen liegen ein barocker Sarg samt Mumie und in der Ecke steht ein Denkmal mit rotem Stern, das 1945 für verstorbene Soldaten der sowjetischen Armee errichtet wurde. Die sterblichen Überreste aus verschiedenen Kulturen und Epochen wirken willkürlich zusammengewürfelt. Man kann aber auch die Botschaft herauslesen, dass der Tod die Menschen über alle Grenzen und Epochen hinweg verbindet.
Der zweite Teil der Ausstellung zeigt „Bilder von Tod und Sterben“. Der erste Raum ist einem Anatomiesaal nachempfunden, an der Wand steht geschrieben: „Der Tod hilft, Lebende zu retten.“ Präsentiert werden medizinische Präparate wie ein perforiertes Magengeschwür aus dem 19. Jahrhundert. Von der Anatomie geht es zur Pathologie und schließlich in einen Bereich, der sich mit wenigen Exponaten und vielen Schautafeln mit Formen der Hinrichtung befasst.
Nur wenig Platz nimmt der Krieg ein – darunter eine Tabelle, die Tote und Verwundete im Zweiten Weltkrieg auflistet. Weitere Infotafeln befassen sich mit dem Thema Suizid. Neben den Geschichten berühmter Selbstmörder wie Stefan Zweig, Virginia Woolf und Kurt Cobain erfährt man etwas über Suizid-Raten in Europa und Risikogruppen – so zum Beispiel, dass in den USA am häufigsten Ärzte, Zahn- und Tierärzte den Freitod wählen. Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit Informationen über Hospize in Tschechien. Deutlich kleiner fällt die dritte und letzte Sektion der Ausstellung aus, die sich mit der Beerdigungskultur befasst. Zu sehen ist zum Beispiel die Traueranzeige für Antonín Dvořák aus dem Jahr 1904.
Wer noch nicht genug vom Tod gesehen hat, kann anschließend die Ausstellung „Tödliche Lüste“ („Smrtelné slasti“) im zweiten Obergeschoss des Gebäudes besuchen. Für Jugendliche unter 18 Jahren sei sie nicht empfehlenswert, warnt das Nationalmuseum. Allerdings gibt sich die Schau an einigen Stellen wie ein Präventionsprojekt, das gerade an Heranwachsende gerichtet sein könnte – zum Beispiel wenn neben leeren Schnapsflaschen das Präparat einer geschädigten Leber und neben Zigarettenschachteln ein Röntgenbild einer kranken Lunge zu sehen ist. Als weitere „tödliche Lüste“ werden unter anderem brutale Computerspiele, Doping und Pornographie sowie ein Motorrad dargestellt.
Smrt. Nová budova Národního muzea (Vinohradská 1, Prag 1), geöffnet: Do.–Di. 10 bis 18 Uhr, Mi. 9 bis 18 Uhr, erster Mittwoch im Monat 10 bis 20 Uhr, Eintritt: 100 CZK (ermäßigt 70 CZK), bis 8. November. Die Ausstellung „Smrtelné slasti“ im ersten Obergeschoss läuft bis 21. Juni, www.smrtvmuzeu.cz
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