Viel Lärm um Kunst
Erster Stadtbezirk fordert schärfere Auflagen für Straßenkünstler
3. 10. 2012 - Text: Bernd RudolfText: Bernd Rudolf; Foto: čtk
Die Prager Altstadt als Kulisse für Kultur und Musik. So hatte es sich der Stadtrat vorgestellt, als er im März dieses Jahres beschloss, die Auftrittsbedingungen für Straßenkünstler zu erleichtern. Wer Einheimischen und Touristen seine Kunst vorführen will, braucht nun keine Genehmigung von der Stadtverwaltung mehr, sondern muss sich nur an einige Vorschriften halten.
Geht es nach dem Bürgermeister von Prag 1, Oldřich Lomecký (TOP 09), sollte die Hauptstadt wieder zu ihrer alten Regelung zurückkehren. Die Straßenmusiker verursachen zu viel Lärm, lautet sein Argument. „Immer mehr Menschen beschweren sich bei uns. Die Auflagen zu lockern war ein großer Fehler“, schimpft Lomecký. Vor allem die Künstler, die auf dem Altstädter Ring vor dem Rathaus spielen, sind dem Politiker ein Dorn im Auge: „Wenn sie bereit wären, sich nur ein wenig davon zu entfernen, wäre das in Ordnung und die Polizei müsste sie nicht verweisen.“ Zudem sieht es Lomecký als Problem an, dass nur wenige Polizisten mit einem Lärmmessgerät ausgestattet seien, um zu überprüfen, ob die erlaubte Lautstärke von maximal 45 Dezibel eingehalten wird.
Laut dem Beschluss der Stadtverwaltung dürfen Künstler überall und ohne Genehmigung auftreten. Neben der Lautstärke ist nur die Anzahl der Lautsprecher auf vier Boxen begrenzt. Podien aufzustellen, ist hingegen untersagt.
Die alte Regelung war weitaus strenger: So durften die Künstler nur an acht festgelegten Orten – auf dem Altstädter Ring, in der Neruda- und Zeltnergasse, auf dem Hradschiner Platz und an fünf Stellen auf der Karlsbrücke – ihr Können zeigen. Eine Genehmigung musste einen Monat im Voraus beantragt werden und kostete 500 Kronen. Zudem waren die Musiker verpflichtet, für den Autoren-Schutzverband eine Liste der Lieder vorzulegen, die sie im entsprechenden Zeitraum spielen wollen.
Für eine Liberalisierung der Auftrittsbedingungen hatte sich vor allem die Straßenkünstler-Vereinigung BuskerVille stark gemacht. „Wir setzten uns für Veränderungen ein, die der Stadt Leben einhauchen und es den Menschen ermöglicht, überraschende und inspirierende Erfahrungen zu machen“, so das Leitmotiv der 2010 gegründeten Organisation. Viele internationale Künstler hätten ihre Karriere auf der Straße begonnen. Der öffentliche Raum sei wie dafür geschaffen, den richtigen Umgang mit Publikum zu erlernen.
Der erste Stadtbezirk will diese Argumente nicht gelten lassen und verweist auf die angebliche Verschlechterung der Wohnqualität. „Viele Menschen leben und arbeiten in der Innenstadt. Daher wollen wir den unkontrollierten Zustrom von Künstlern einschränken, die mit ihrer lauten Musik nur kommerzielle Interessen verfolgen“, erklärt die Pressesprecherin von Prag 1, Veronika Blažková, gegenüber der „Prager Zeitung“ und spricht sich offen für eine Rücknahme des Beschlusses vom März aus.
Eine endgültige Entscheidung wird der Prager Stadtrat voraussichtlich Ende dieses Jahres fällen. Bis dahin wird eine Kommission, der auch Vertreter des ersten Stadtbezirks angehören, die gesammelten Erfahrungen auswerten und eine entsprechende Empfehlung für das weitere Vorgehen aussprechen. „Wir wollen einen Konsens zwischen Musikern und Anwohnern erreichen. Bereits im April haben wir ein Treffen initiiert, bei dem wir in einer freundlichen Atmosphäre die Bedingungen für Straßenkünstler festgelegt haben“, erklärt Stadträtin Aleksandra Udženija (ODS). Die „starke Medienpräsenz“ von Bürgermeister Lomecký kann sie daher nicht nachvollziehen. „Es ist immer einfach etwas zu verbieten. Viel schwieriger, aber auch sinnvoller ist es, darüber zu sprechen und das Problem gemeinsam zu lösen.“
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