Auf dem vergessenen Friedhof
In Frýdlant kümmern sich Schüler um alte deutsche Gruften und Gräber
30. 4. 2015 - Text: Stanislav BeranText und Foto: Stanislav Beran
Als nach dem Zweiten Weltkrieg die deutschsprachige Bevölkerung aus Friedland (heute Frýdlant) vertrieben wurde, blieben die Gräber und Gruften ihrer verstorbenen Angehörigen zurück auf dem alten Friedhof unter dem Resselsberg. Über Jahrzehnte schenkte ihnen niemand Beachtung. Bis heute sind die Gräber auf dem ganzen Friedhof verstreut. Wer dessen historischen Teil betritt, dem bietet sich ein trauriger Blick.
Auf der Anlage, die am 16. Oktober 1878 eingeweiht wurde, haben einige Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte gefunden, die sich zu Lebzeiten besonders um die Stadt Friedland verdient gemacht haben, darunter der Bezirksobmann Heinrich Ehrlich (1876–1921), die Bürgermeister Josef Adler (1811–1890), Johann Kraus (1831–1902) und Anton J. Aigner (1844–1912), der Schuldirektor Reinhold Feix (1851–1936) und der Papierfabrikant Franz Fiala (1846–1915). Doch viele Gruften, die sich meistens an der Friedhofsmauer befinden, sind seit Jahren in erbärmlichem Zustand.
Die Grabtafeln und Inschriften wurden zerschlagen oder beschädigt. In den meisten Fällen sind die Namen der Verstorbenen bereits so verwittert, dass man sie nicht mehr lesen kann. Auch die zwei letzten wertvollen Gruften stehen kurz vor dem Zerfall. Ob die historisch bedeutsamen Grabmäler noch unter Denkmalschutz gestellt werden und warum sich bislang niemand darum kümmerte, darauf gibt es bis heute keine Antworten. Doch es besteht wieder Interesse am historischen Friedhof: Schüler der achten Klasse der Grundschule in der Purkyňova-Straße haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Gruften der deutschen Bewohner zu pflegen und das Andenken an die Verstorbenen zu bewahren. Mit dem Schulprojekt „Extra Schulklasse“ machten sich 15 Jugendliche mit ihrer Geschichts- und Deutschlehrerin Lucie Zralá auf die Suche nach dem Vergessenen.
Das Projekt begann bereits Ende des vergangenen Jahres. In ihrer Freizeit suchten die Schüler den Friedhof mehrmals auf, um die Gruften zu fotografieren und die Daten der Verstorbenen aufzuzeichnen. Sie recherchierten gemeinsam im Internet, im Stadtarchiv und im Stadtmuseum und suchten Informationen über das Leben der Verstorbenen. Diese Datenbank wird später dem Bürgermeister der Stadt übergeben. Er wird sie an die Deutsche, Österreichische und Schweizer Botschaft nach Prag weiterleiten. Sie soll Genealogen, Heimatforschern und Nachfahren dienen und die Suche nach Verstorbenen erleichtern. Um mehr Menschen auf diese Aktion aufmerksam zu machen, haben sich die Schüler vorgenommen, eine Ausstellung zu gestalten, die ausführlich über den Friedhof und seine Vergangenheit informiert. Sie wird am 1. Juni im Rathaus von Frýdlant eröffnet und dauert bis 30. Juni.
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