Souvenirs für den Gaumen
Böhmische Küche für Touristen und Neugierige. Ein Blick in Prager Kochtöpfe
17. 1. 2013 - Text: Stephanie GerberText und Foto: Stephanie Gerber
Die böhmische Küche ist bekannt für ihre deftigen Fleisch-, Knödel- und Kohlgerichte. Um traditionelle Gerichte auf den Teller zu zaubern, braucht es jedoch etwas mehr als nur die richtigen Zutaten.
Alvin und Jaslin wollen es genau wissen. Das Pärchen kocht auch zuhause in Singapur gerne und möchte von der Europa-Reise nicht nur die typischen Souvenirs und Fotos in ihre fernöstliche Heimat mitnehmen. Die beiden haben sich für einen Kurs in einem der zwei Prager Kochstudios von „Chefparade“ entschieden. Das individuelle zusammengestellte Menü von Alvin und Jaslin besteht aus einer Kulajda, einer cremigen Pilzsuppe mit Kartoffeln, Dill und Sauerrahm, sowie Schweinekotelett mit Kohlrabi auf Dunkelbiersoße. Als süßen Abschluss hat sich das junge Paar einen Apfelstrudel ausgesucht.
Vom Markt in den Topf
„Chefparade“ gibt es seit 2007. Neben Kursen zur tschechischen Cuisine kann man in der rot glänzenden Großraumküche in einem ausgedienten Industriebau auch Italienisches, Mexikanisches oder Asiatisches in der Pfanne brutzeln lassen.
Speziell für kulinarisch interessierte Prag-Besucher bietet die Kochschule individuelle Kurse in verschiedenen Sprachen an – meist auf Englisch, andere Sprachen wie etwa Deutsch, Französisch oder Russisch sind nach Absprache auch möglich.
Für Alvin und Jaslin beginnt das kulinarische Erlebnis mit einer Tour über einen der größten Märkte der Hauptstadt, direkt neben dem Kochstudio im Stadtteil Holešovice. Der Koch trägt sein blaues Hemd über der Hose und stellt sich als Radek vor. Seine Schüler führt er in eine luftige Halle. Auf den Ladentheken unter den monumentalen Eisenträgerkonstruktionen aus dem späten 19. Jahrhundert finden sich Gemüse und Fleisch, das jedoch nicht immer aus regionaler Landwirtschaft stammt. Radek aber weiß, wo es täglich Frisches von Bauern aus Mittelböhmen gibt.
Wundersame Zutaten
„Fast hätten wir das Wichtigste vergessen“, schreckt Koch Radek am Ende der Tour auf. Er läuft zu einem Stand mit unzähligen bunt etikettierten Flaschen. Kurz darauf kehrt er mit einem breiten Grinsen zurück: „Das dunkle Bier für die Soße!“
Die restlichen Zutaten liegen schon auf den Schneidebrettern der Kochschule bereit. Radek holt einen großen Topf aus einem der Schränke und setzt ihn auf den Gasherd. Mit einem enthusiastischen „Los geht’s“ gibt er Alvin und Jaslin Messer und Tipps zur Hand. Die korrekte Schneidetechnik etwa: Die Finger, mit denen sie das Gemüse halten, müssen zu einer Art Faust geformt werden, das Messer soll dabei am Handgelenk und nicht an den Fingerkuppen vorbeigeführt werden, damit man sich nicht aus Versehen schneidet.
Nach einer Weile klappert auf dem Kochtopf ein ungeduldiger Deckel. Durch die blitzblanke Küche zieht ein leichter Pilzgeruch. Radek drückt den Kursteilnehmern aus Singapur die nächste Zutat in die Hand. Verwunderte Blicke. Kohlrabi sehen Alvin und Jaslin zum ersten Mal. Mit gebührender Vorsicht wird unter Radeks Aufsicht zunächst geschält, dann geschnippelt.
Radek platziert den dampfenden Suppentopf mitten auf den großen Tisch neben der Küche. Die Pilze bringen Alvin und Jaslin ins Schwelgen. Der säuerliche Geschmack der Kulajda-Suppe ist für das Pärchen dennoch gewöhnungsbedürftig: „Mit Sahne oder Sauerrahm kochen wir normalerweise gar nicht“, erklärt Jaslin. Es scheint ihr dennoch zu schmecken. Die zierliche Touristin holt sich einen Nachschlag und hält alles auf dem Smartphone fest.
Strudel für Mama
Danach geht es zurück an die Arbeit. Radek hat in der Zeit das Fleisch zubereitet. Der Hauptgang erhält den letzten Schliff. Ein lautes Zischen ertönt, als Koch Radek das dunkle Bier in die Pfanne gießt. Jaslin knetet auf einer benachbarten Arbeitsfläche den Teig für den Apfelstrudel, Alvin schneidet die Äpfel für die Füllung.
Nach etwa drei Stunden ist das Werk vollbracht. Besonders der Nachtisch hat es den beiden angetan. „Den Apfelstrudel werde ich für meine Mutter backen, wenn ich wieder zuhause bin“, sagt Jaslin, während sie die letzten Reste der Süßspeise von ihrem Teller löffelt.
Chefparade Žižkov (Husitská 56, Prag 3) und Chefparade + (Holešovické tržnice, Bubenské nábřeží 13 – Gebäude 36, Prag 7), Preis pro Person ab 1.700 CZK, zusätzliche Markt-Tour ab 470 CZK pro Person, weiterführende Informationen auf der Internetseite www.chefparade.cz
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