Schickes aus zweiter Hand
Ob aus Hamburg oder der Zeit der Ersten Republik: Gebrauchte Kleidung ist in Prag beliebt
13. 5. 2015 - Text: Isis-Victoria RampfText und Foto: Isis-Victoria Rampf
Gebrauchte Kleidung muss nicht alt aussehen. Wer eine peppige Hose, einen schrillen Rock oder ein schickes Oberteil sucht, findet sein Glück oft in einem Secondhandladen. In Prag werden solche Geschäfte erst seit einigen Jahren immer beliebter – besonders wenn sie Stücke im Angebot haben, die mehrere Jahrzehnte alt sind.
Einer dieser Läden ist das „Bohemian Retro“. Der kleine Raum ist voll mit Kleiderständern und Garderoben. An den Wänden hängen Schmuck und Accessoires, in einer anderen Ecke stapeln sich ausgefallene Kopfbedeckungen. Aus der Musikanlage dröhnt Rock’n’Roll. Besitzerin Rebecca Eastwood (Foto) beschäftigt sich schon lange mit der Vintage-Szene in Prag, das heißt mit gebrauchten Kleidungsstücken, die vor mehr als 20 Jahren hergestellt wurden. Ihre Leidenschaft dafür brachte sie vor etwa zwei Jahrzehnten mit aus ihrer britischen Heimat in die tschechische Hauptstadt. Heute kann man in ihrem Laden vor allem Waren aus der Zeit vor 1989 finden.
Sie bevorzuge Mode aus der Ersten Tschechoslowakischen Republik, sagt Eastwood, da die Kleider meist hochwertig und besonders schön seien. Sozialistische Kleidung sei dagegen eher „praktisch und einfach“. Eastwood hält „immer und überall“ nach besonderen Stücken Ausschau. Mittlerweile haben sich in Prag einige Liebhaber gefunden, die regelmäßig alte Jacken, Röcke oder Blusen bei ihr vorbeibringen – und manchmal gleich wieder etwas kaufen. Aber auch ältere Damen kommen in das Geschäft, um Schmuckstücke aus ihrer Jugend abzugeben, die meist gut gepflegt seien, so die studierte Textildesignerin.
Man braucht etwas Zeit, um sich all die schönen und skurrilen Sachen anzusehen. Aber mit ein wenig Geduld kann man wahre Schätze finden, ein schickes Oberteil für 200 Kronen zum Beispiel. Dazu gibt es eine kleine handgemachte Tasche mit dem Logo des Ladens. Diese stellt Eastwood aus Artikeln her, die sich nicht mehr zum Verkauf eignen.
Das Prinzip der Wiederverwertung war auch einer der Gründe, weshalb Zina Zajícová vor drei Jahren die Boutique „Fifty:Fifty“ eröffnete. Auf zwei Stockwerken bietet die Tschechin eine Auswahl an getragener Kleidung für Männer und Frauen sowie Ledertaschen, Tücher und andere Accessoires. Natürlich sei die Liebe zu Vintage-Mode und einem besonderen Stil eine Motivation für den Schritt in die Selbstständigkeit gewesen, verrät Zajícová.
Heute trägt die zierliche Frau mit den rot geschminkten Lippen eine olivgrüne Militärjacke aus Japan. Die Kleidung, die sie in ihrem Laden verkauft, kommt aus Hamburg. Dort suche sie ihre Teile bei einem größeren Händler aus, so die gebürtige Brünnerin, die für längere Zeit im Schwarzwald in Villingen-Schwenningen gelebt hat. Der größte Teil ihrer Kunden seien Studenten, sagt Zajícová. Aber auch ältere Menschen kämen immer wieder ins „Fifty:Fifty“, um ein originelles Stück für den Kleiderschrank zu finden. Obwohl die Konkurrenz in Prag groß ist, freut sich die Ladeninhaberin über eine stetig wachsende Kundschaft.
Den Trend zu gebrauchten Klamotten kann man nicht nur in Läden wie denen von Zajícová oder Eastwood beobachten. Regelmäßig finden in der Hauptstadt auch Märkte statt, bei denen Secondhand zu einem wirklichen Event wird. So veranstalten zum Beispiel Modeblogger ihre eigenen kleine Basare. Das Kulturzentrum MeetFactory lädt zu „Flohmärkten in der Fabrik“ („Blešák ve fabrice“) ein.
Bohemian Retro, Chvalova 8, Žižkov (Prag 3), Dienstag bis Freitag, 14 bis 19 Uhr, www.bohemianretro.com
Fifty:Fifty, Slezská 28, Vinohrady (Prag 2), Montag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr
Letní blešák ve fabrice, MeetFactory, Ke sklárně 15, Smíchov (Prag 5), Sonntag, 21. Juni, 12 bis 17 Uhr, www.meetfactory.cz
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