Cyberangriff von rechts
Der private E-Mail-Verkehr von Premier Sobotka wurde gehackt. Vertrauliche amtliche Dokumente sollen nicht darunter sein
13. 1. 2016 - Text: Stefan WelzelText: Stefan Welzel; Foto: Vláda ČR
Auch ein Regierungschef ist nicht vor den Tücken der digitalen Welt und der Bedrohung durch Cyberattacken gefeit. Rechtsextreme Hacker haben das private E-Mail-Konto des tschechischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka (ČSSD) geknackt und einen Teil der Inhalte in der vergangenen Woche auf der Internetplattform „White Media“ veröffentlicht. Die Betreiber behaupten, Sobotka habe streng vertrauliche dienstliche Unterlagen an sein privates Postfach weitergeleitet. Während die Polizei-Sondereinheit zur Bekämpfung organisierter Kriminalität (ÚOOZ) die Ermittlungen aufgenommen hat, dementierte Regierungssprecher Martin Ayrer am Sonntag, dass sich im privaten Postfach Sobotkas Dokumente befinden, die der amtlichen Geheimhaltung unterliegen. Kurz zuvor hatten die Hacker gedroht, weiteres Material zu veröffentlichen.
„Ich war eines von vielen Opfern von Hackern, die mit ihren Aktionen die Privatsphäre der Bürger untergraben“, sagte der Premierminister am Montag. Sein Passwort sei sicher genug gewesen und habe den Regeln entsprochen. Im Fokus der rechten Hacker steht Sobotkas Haltung in der Flüchtlingsfrage. Der Premier schreibt in seinen Mails von „Menschen, die vor dem Krieg fliehen“, was von den Rechten als „Pseudohumanismus und Xenophilie“ gebrandmarkt wird. „Dieser Akt ist ein Erpressungsversuch und ein Angriff auf die Grundwerte unserer Demokratie, die auf Freiheit, Toleranz und Achtung der Menschenrechte basiert“, erklärte Sobotka. Er lasse sich davon jedoch nicht einschüchtern.
Die Tatsache, dass der Premier Teile seiner dienstlichen Korrespondenz über ein Konto des Freemail-Anbieters „seznam.cz“ abhandelte, sorgte für Staunen. Das Wochenmagazin „Reflex“ fürchtet um die Integrität des Regierungschefs und fragt sich, ob die Rechtsextremen Sobotka „irgendwie in Schach halten“.
Die Angelegenheit wirft auch Fragen nach den Sicherheitsvorkehrungen der Regierung auf. ÚOOZ-Sprecher Pavel Hanták betonte jedoch: „Es ist nicht möglich, dass sich in den gehackten E-Mails streng vertrauliche amtliche Informationen befinden.“ Und Ayrer ergänzte, dass sich die Regierung und somit auch Sobotka im Umgang mit Verschlussdokumenten strikt an die geltenden Richtlinien hielten.
Wie sicher die Vorkehrungen wirklich sind, weiß der Premier aber offenbar selbst nicht so genau. Nicht nur der sorglose Umgang mit seinem privaten Postfach legt dies nahe. Am Montag ordnete er an, die Richtlinien beim Cyberschutz in Zusammenarbeit mit der Nationalen Sicherheitsbehörde (NBÚ) zu überprüfen.
Inzwischen sorgt der Vorfall für heftige politische Diskussionen. Sobotkas Parteikollege und Innenminister Milan Chovanec schlug vor, über die obligatorische Registrierung jedes Internetnutzers nachzudenken. Darauf reagierten Vertreter der Zivilgesellschaft empört. „Diese Idee ist skandalös und erinnert an das Handeln autoritärer Regime“, sagte der Vorsitzende der Vereinigung für Internetentwicklung (SPIR) Ján Simkaníč. Solche Gesetze seien mit einer freien und demokratischen Gesellschaft unvereinbar.
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“