Bitte aufstehen!

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Ombudsfrau beklagt Regelungen in nordböhmischen Gemeinden

3. 2. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: kw/čtk; Foto: APZ

 

Ombudsfrau Anna Šabatová hat das Verfassungsgericht aufgefordert, Verordnungen in Litvínov und Varnsdorf aufzuheben, die das Sitzen auf Mauern, Treppen, Bordsteinen und Geländern im öffentlichen Raum verbieten. Ziel der Vorschriften ist es angeblich, die „Störung der öffentlichen Ordnung zu verhindern, den Schutz der Grünflächen zu gewährleisten und das Erscheinungsbild der Stadt aufzuwerten“. Es liegt jedoch nahe, dass die Verantwortlichen damit vor allem Menschen aus der Stadt verbannen wollen, die ihrer Ansicht nach nicht ins Bild passen.

Šabatová, seit 2014 als Ombudsfrau für den Schutz der Bürger gegen Missstände in der öffentlichen Verwaltung zuständig, kritisiert den Eingriff in die Bewegungsfreiheit. „Diese Freiheit umfasst auch die Möglichkeit zu sitzen.“ Das Sitzen auf etwas anderem als einer Bank sei an sich nicht schädlich. Auf diese Art gegen Vandalismus zu kämpfen, sei unangemessen. Auch Mütter, die auf einem Spielplatz ohne Bänke ihre Kinder beaufsichtigen, müssten folglich stehen.

Das Urteil des Verfassungs­gerichts könnte als Präzedenzfall verstanden werden – denn nicht nur die Gesetzeshüter in Litvínov und Varnsdorf haben ein strenges Auge auf das Sitzverhalten ihrer Bürger. Vor allem in Nordböhmen gibt es viele ähnliche Verordnungen, beispielsweise seit letztem Jahr in Duchcov und Most.

Šabatová hatte vor ihrer Beschwerde beim Verfassungsgericht zunächst eine Überprüfung durch das Innenministerium abgewartet. Dieses konnte jedoch keine Probleme feststellen. Auch der Vorsitzende des Städte- und Gemeindebundes František Lukl verteidigt das Vorgehen dort, wo die „grundsätzlichen Regeln anständigen Verhaltens“ verletzt würden. „Dann müssen extreme Schritte eingeleitet werden, um diese Regeln durchzusetzen“, so Lukl.