Tenor sucht Talente
Jakub Pustina organisiert seinen eigenen Internationalen Gesangswettbewerb – und ist stolz auf Schirmherr Miloš Zeman
17. 2. 2016 - Text: Sabina PoláčekInterview: Sabine Poláček; Foto: Privatarchiv Pustina
An den Nationaltheatern in Prag und Bratislava zählt Jakub Pustina zu den Spitzentenören. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen kann der 33-Jährige nicht nur gut singen, sondern hat auch seinen eigenen Gesangswettbewerb für Operntalente gegründet. In der ersten Runde treten derzeit knapp 200 Sänger aus aller Welt an. Sie messen ihr Können unter anderem im München, Berlin, Wien, Budapest und Prag.
Mitte Januar startete die erste Runde Ihres neunten Internationalen Gesangswettbewerbs. Wie viele Sänger nehmen diesmal teil?
Jakub Pustina: Für die erste Runde haben sich 199 Teilnehmer aus 41 Ländern angemeldet. Das Vorsingen findet in elf Städten statt. Wir machen von allen Auftritten Audio- und Videoaufnahmen, die dann von den Jurymitgliedern begutachtet werden. Erst beim Finale in Prag treffen alle Jurymitglieder zuammen. Ich bin auch Mitglied der Jury und bei allen Terminen vor Ort dabei.
Machen auch tschechische Sänger mit?
Sehr wenige. Das liegt daran, dass wir in Tschechien zu wenige herausragende Opernsänger haben. Das Niveau in Tschechien ist nicht vergleichbar mit dem in Wien oder Warschau. Junge Sänger müssen erst im Ausland erfolgreich sein, damit man sie auch in Tschechien schätzt.
Als Sie Ihre Karriere als Baritonsänger begannen, haben Ihnen einige Gesangswettbewerbe nicht gefallen. Daraufhin haben Sie Ihren eigenen Wettbewerb gegründet. Was machen Sie besser?
Gesang lässt sich schwer objektiv bewerten. Mir sind aber Ehrlichkeit und möglichst hohe Objektivität wichtig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei der Beurteilung von Sängern nur herausragende und erfahrene Jurymitglieder zu einem ähnlichen Ergebnis kommen. Ich lege eben Wert auf Fairness.
Und wie unterscheidet sich Ihr Wettbewerb von anderen wie etwa dem Internationalen Antonín-Dvořák-Gesangswettbewerb in Karlsbad?
Wir haben weitaus mehr Teilnehmer. Außerdem bieten wir ihnen maximalen Komfort an, damit sie sich voll und ganz auf ihre Leistung konzentrieren können. Dank unserer Sponsoren können wir die Unterkunft und die Anreise für alle bezahlen, die die zweite und dritte Runde erreichen. Sie haben außerdem die Möglichkeit, mit den Pianisten zu proben. Unser Prinzip lautet: Nachwuchskünstler sollten so viel wie möglich vor erfahrenen Musikern vorsingen. Denn diese können den jungen Sängern ein Engagement verschaffen.
Einige ehemalige Teilnehmer haben es weit gebracht, wie etwa die irische Mezzosopranistin Tara Erraught. Sie gewann den Jakub-Pustina-Preis 2008. Inzwischen tritt sie auf Opernbühnen weltweit auf.
Das freut mich enorm. Sie ist unser Aushängeschild. Sie zeigt, dass unsere Teilnehmer wirklich hervorragend sind und Weltkarriere machen können.
Wie aufwendig ist es, den Wettbewerb zu organisieren?
Meine Frau und ich haben uns am Anfang alles allein ausgedacht. Wir organisieren auch noch heute alles selbst. Da sich das Projekt über ein Dreivierteljahr hinzieht, verschlingt es aber sehr viel Zeit. Es ist unser zweites Kind. Wenn es sich ergibt, fahre ich gerne mit meiner Frau und meinem Sohn zu den Konzerten, wie kürzlich nach Berlin oder Mailand.
Vor mehreren Jahren haben Sie sich in der Kommunalpolitik Ihrer Heimatstadt Žďár nad Sázavou in der Region Vysočina engagiert. Bleibt Ihnen dafür noch Zeit?
Für Politik habe ich leider keine Zeit mehr. Aber bei den Regionalwahlen drücke ich der Partei die Daumen, die ihre Sache gut macht. Meiner Meinung nach sind das die Sozialdemokraten (ČSSD).
Sie haben in der Vergangenheit für die Direktwahl des Präsidenten und für Miloš Zeman gestimmt. Mittlerweile hat der Präsident die Schirmherrschaft für Ihren Gesangswettbewerb übernommen. Sind Sie heute stolz auf ihn?
Ich finde, dass jeder Mensch stolz auf seinen Präsidenten sein sollte. Miloš Zeman wählt zwar nicht immer die idealen Worte, aber ich bin überzeugt, dass er ein intelligenter Mann ist, der sich für seine Bürger einsetzt.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Ich möchte mich stärker den Werken Richard Wagners widmen. Derzeit fahre ich regelmäßig nach Deutschland und übe sehr intensiv Wagners Opernarien. Im Oktober werde ich bei einem Festakt der Richard Wagner Association in Singapur auftreten. Wagners Musik gilt unter uns Sängern als das Schwerste überhaupt. Aber ich nehme Herausforderungen gerne an. Es gibt auf der Welt nur wenige, die Wagner singen können. Man braucht viel Ausdauer, denn schließlich muss man vier, fünf Stunden durchhalten. Diese Voraussetzung bringe ich mit.
Die zweite Runde und das Finale des Pustina-Gesangswettbewerbs finden von 5. bis 8. Mai in Tschechien statt. Der erste Platz ist mit 40.000 Kronen (knapp 1.500 Euro) dotiert. Sieger können außerdem mit einer Einladung zum Vorsingen im Nationaltheater in Panama und im Romantik-Theater in Österreich rechnen und werden im Rahmen des Festivals „Jakub Pustina und seine Gäste“ auf Tournee durch Tschechien gehen.
Zur Person
Jakub Pustina wurde in Žďár nad Sázavou geboren. Er studierte Chemie in Pardubice und in Prag. Mit 20 Jahren begann er, sich voll und ganz der Oper zu widmen und trat zunächst als Bariton auf. Er gewann zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Preis des Prager Nationaltheaters „Pražský Pěvec“ (Prager Sänger) und den ersten Preis des Internationalen Antonin-Dvořák-Gesangswettbewerbs in Karlsbad. Seit 2011 tritt er regelmäßig in den Nationaltheatern in Prag und Bratislava auf. 2014 feierte er sein Debüt am Nationaltheater in Panama, 2015 war er bei den Bayreuther Festspielen zu hören. Zum Repertoire des heute 33-Jährigen zählen neben Opern und Operetten auch Lieder und Messen.
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