Neonazis bleiben stecken
Blockaden am 13. Februar erfolgreich und friedlich – Rechtsextreme marschieren für Dresden in Partnerstadt Ostrava
21. 2. 2013 - Text: Nancy WaldmannText: Nancy Waldmann; Foto: dresden-nazifrei.com
13. Februar: An allen Dresdner Horizonten blinkt Blaulicht. Durch die Stadt rollen gepanzerte Wasserwerfer, Polizeiautos haben die Parkplätze okkupiert, am Hauptbahnhof beäugen Polizisten in Rudeln die An- und Abreisenden. Vor 68 Jahren begann der erste große alliierte Luftangriff auf die Stadt, von der bald nur Trümmerhaufen übrig blieben. In den letzten Jahren schien es, dass an diesem Tag wieder Krieg ausgebrochen war, einer um das Erinnern an die Zerstörung der Stadt, die die Neonazis „Bomben-Holocaust“ nannten. Und ein Streit darum, was man ihnen entgegensetzen muss. Menschenketten, Blockaden, Opfer- oder Tätergedenken – in Dresden kennt man diese Fragen und hat sich offenbar daran gewöhnt, sie unterschiedlich zu beantworten. Die Polizei rüstete sich wieder für den Ausnahmezustand, doch sie blieb besonnen, die Lage in der Stadt entspannt und 600 bis 800 Neonazis mussten nach Hause fahren – ohne „Gegen das Vergessen“ marschiert zu sein.
Tätergedenken und Menschenkette
Den antifaschistischen Auftakt bildete der Mahngang auf Täterspuren. Am früheren Hauptquartier der Gestapo am Friedrich-List-Platz, dem Hygienemuseum, der Synagoge, der Kartonagenfabrik und anderen Stationen des NS-Terrors erklärten Ortskundige, wieso Dresden keinesfalls nur eine Stadt der Opfer war, sondern eine, wo Menschen verfolgt, ausgebeutet und umgebracht wurden und wo Rassenideologen besonders umtriebig waren. Immer mehr Menschen schlossen sich an, am Ende rund 3.000. Aufgerufen hatte das Bündnis „Dresden Nazifrei“, das den konfrontativen Ansatz verfolgt und die Blockaden entlang der Marschroute der Nazis organisiert. Die von den Stadtoberen favorisierte Menschenkette geht dem Zug der Rechtsextremen aus dem Weg und konnte in diesem Jahr wieder zehntausend Teilnehmer verbuchen, etwas weniger als in den letzten Jahren. Durch die Lautsprecher an den Sammelpunkten der Blockierer erfuhr man die Teilnehmerzahl der Menschenkette – ein Zeichen, dass sich Bürgerliche und Blockierer nicht mehr als Konkurrenten sehen.
Blockieren hieß Frieren
Die, die sich für das Blockieren entschieden hatten, mussten nicht mutig, sondern nur gut informiert und warm angezogen sein. Zum Blockadepunkt Striesener Straße Ecke Güntzelallee gelangte man nicht durch Schläue oder Ellbogeneinsatz, sondern mit Geduld. Etwa einen Kilometer Polizeisperren, die die Lücken zwischen jedem Block geschlossen halten, hatte man zu umwandern bis plötzlich Musik durch die Häuser dröhnte und sich frei von Polizisten der Weg auf die Kreuzung öffnete. Etwa tausend Demonstranten hielten tanzend und Tee trinkend für zweieinhalb Stunden die Stelle besetzt. Später verschiebt sich der Blockadepunkt zur Bürgerwiese, wieder eine statische Blockade ohne Gegner in Sichtweite, aber mit erfreulichen Nachrichten: Gerade halte man den NPD-Vorsitzenden Holger Apfel samt einer Handvoll Begleitern davon ab zu Anhängern am Lennéplatz zu gelangen. So hatte auch das Frieren einen Sinn.
Wie klein und hilflos die Neonazis im Jahr 2013 in Dresden geworden waren, zeigte die Lage am Hauptbahnhof. Eine Gruppe von vielleicht hundert Neonazis, kaum zu sehen hinter einem Ring von Helm tragenden Polizisten, umzingelt von etwa tausend Gegendemonstranten. „Nazis raus!“ und „Haut ab!“ hallt es unter der Brücke, die Neonazis sind unterlegen. Ihre Parolen sind nicht zu verstehen, sie gingen in den Buhrufen der Blockierer unter.
Fazit: Dresden wird immer unattraktiver für Neonazis. Sie weichen auf andere Orte und sogar auf andere Länder aus. In Dresdens Partnerstadt Ostrava fand am Samstag ein Fackelmarsch unter dem Motto „Ein Licht für Dresden“ statt. 70 Neonazis aus Deutschland nahmen teil. Mobilisiert hatte unter anderem das „Nationale Bündnis Oberpfalz“. Beim Gedenken an „deutsche Opfer“ sind Nazis unerwartet flexibel.
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