Sag mir, wo die Mühlen sind
Schwankende Getreidepreise und mächtige Handelsketten: Müller haben es in Tschechien schwer
2. 3. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: APZ
Es steht nicht gut um die tschechischen Mühlen. Sie sind veraltet und unrentabel, Geld für Investitionen können die Betreiber kaum aufbringen. Zudem sind die Getreidepreise höher und die Mehlpreise niedriger, als die Müller es sich wünschen. Künftig werden sich auf dem Markt wohl nur noch die Großen behaupten, die es schaffen, ihre Anlagen zu modernisieren. Dieses düstere Szenario für die Zunft der tschechischen Müller zeichnete kürzlich der Vorsitzende des Verbandes industrieller Mühlen in Tschechien Pavel Hrdina.
Es war einmal ein Land, in dem täglich tausendfach das Mühlrad klapperte. Die Geschichte des Müllerhandwerks in Tschechien klingt heute wie ein Märchen. Von vielen Anlagen findet sich inzwischen aber höchstens noch eine Spur im Ortsname – so zum Beispiel in Špindlerův Mlýn (Spindlermühle), einem der bekanntesten Skigebiete des Landes. Müllerbetriebe sind dagegen nur etwa 40 in ganz Tschechien übriggeblieben. Und es könnten bald noch weniger werden, warnt Hrdina. In den vergangenen 20 Jahren haben seinen Worten zufolge etwa ein Dutzend Mühlen umfangreiche Investitionen vorgenommen, um ihre Anlagen zu modernisieren.
Dass Müller in wirtschaftliche Not geraten, ist laut Hrdina allerdings kein tschechisches Phänomen. In ganz Europa habe es das Handwerk schwer. Wo Weizen gemahlen werde, laufe es noch ganz gut. „Viel weniger Arbeit haben aber die Roggenmühlen.“ Hinzu komme, dass die Betriebe immer stärker den Druck der großen Handelsketten zu spüren bekämen, die stark genug seien, um den Mehlpreis zu beeinflussen. „Für die Mühlen ist es sehr schwierig, Preisänderungen beim Getreidekauf an die Mehlabnehmer weiterzugeben“, erklärt Hrdina. Denn die Lieferanten ließen sich nicht auf einen beständigen Jahrespreis festlegen, die Ketten als Großabnehmer forderten aber langfristige Verträge. Werden Roggen oder Weizen teurer, sinkt der Gewinn – oftmals schreiben die Mühlen dann auch rote Zahlen. Weniger Probleme mit schwankenden Getreidepreisen haben Hrdina zufolge die Betriebe, die an Großbäckereien oder Teigwarenfabriken angegliedert sind.
Ein wenig Hoffnung macht Hrdina aber dennoch. Dass heimisches Getreide künftig nur noch im Ausland gemahlen wird, glaubt er nicht. Eine Besonderheit der tschechischen Mühlen sei, dass sie mehrere Mehltypen herstellten. „Außerdem ist es nicht wirtschaftlich, Mehl mehr als 150 bis 200 Kilometer weit zu transportieren.“ Und nicht zuletzt lassen sich die Tschechen – zumindest bisher – auch nicht so leicht von neuen Ernährungstrends anstecken. Dass es mancherorts gerade in Mode ist, auf Weizenprodukte zu verzichten oder glutenfrei zu essen, schlage sich nicht auf die Geschäftszahlen nieder, so Hrdina. „Die Gewohnheiten der Bevölkerung hierzulande sind sehr konservativ.“ Zudem seien Weizenprodukte so günstig, dass sie sich kaum ersetzen lassen.
Die industriellen Mühlen hierzulande verarbeiten zu 90 Prozent Weizen. Im Geschäftsjahr 2014/15 beliefen sich die Umsätze der Betriebe insgesamt auf etwa 7,8 Milliarden Kronen (rund 288 Millionen Euro). In der Branche waren mehr als 2.300 Menschen beschäftigt. Der Großteil der Mühlen machte Verluste.
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