Gesetze gegen Babiš
Opposition will Wirtschaft und Politik besser trennen – Vizepremier droht Koalitionspartnern
9. 3. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: David Sedlecký/CC BY-SA 4.0
Den Staat muss man führen wie ein Unternehmen. Das betont Finanzminister Andrej Babiš (ANO) gern; und die Anhänger des Vizepremiers und Konzerneigentümers nehmen ihm offenbar ab, dass er als erfolgreicher Geschäftsmann auch ein guter Staatsmann ist. Seine Koalitionspartner sind sich aber nicht so sicher, wie sie mit der Verstrickung von Wirtschaft und Politik umgehen sollen. Die Frage sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Streit. Am Freitag debattierten die Abgeordneten im Unterhaus über ein Gesetz, das den Konzern des Finanzministers Agrofert von öffentlichen Ausschreibungen ausschließen sollte.
Die Sozialdemokraten votierten schließlich gegen den Vorschlag der Oppositionspartei TOP 09, dass Firmen, die zu mindestens zehn Prozent einem Mitglied der Regierung gehören, sich künftig nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen dürfen. Mit 77 von 162 Stimmen scheiterte er damit im Unterhaus. Agrofert darf sich weiterhin um staatliche und kommunale Aufträge bewerben.
Der Versuch, möglichen Interessenskonflikten durch neue Gesetze vorzubeugen, ist damit aber noch nicht abgewendet. Die Parlamentarier werden sich demnächst mit einem weiteren Vorschlag der Opposition befassen, der ebenfalls als „Lex Babiš“ interpretiert werden kann. Er sieht vor, dass Minister keine „beherrschenden Personen“ in Firmen sein dürfen. Gemeint sind damit vor allem Eigentümer, die mindestens 40 Prozent Stimmrecht in einem Unternehmen haben.
Fehlende Kontrolle
Die Christdemokraten begrüßen den Entwurf. Für ihn handle es sich nicht um eine Lex Babiš, sagte der Fraktionsvorsitzende Jiří Mihola. Immer, wenn ein Regierungsmitglied auch Unternehmer sei, komme der Verdacht auf, dass er aus seiner Funktion Nutzen für seine Firma ziehe, so Mihola. Auch die Sozialdemokraten als stärkste Koalitionspartei zeigen sich offen. Babiš dagegen droht: „Falls dieses Gesetz mit den Stimmen der Koalition verabschiedet wird, dann stellt sich die Frage, ob diese Koalition überhaupt noch Sinn hat“, sagte er in der vergangenen Woche.
Über den Vorschlag könnten die Abgeordneten im Unterhaus in etwa einem Monat entscheiden. Was Babiš besänftigen könnte: Die Sozialdemokraten wollen laut Sobotka zwar dafür stimmen. Sie sind aber der Ansicht, dass das Gesetz nicht rückwirkend gelten kann – also nicht für amtierende Minister. Gleichzeitig plädierte der Premier im Parlament jedoch dafür, „mediale und wirtschaftliche Macht tatsächlich von der politischen zu trennen“. Ohne seinen Vize Babiš, zu dessen Konzern auch mehrere Zeitungen gehören, beim Namen zu nennen, sagte Sobotka: „Sobald es zu einer Verbindung von politischer, wirtschaftlicher und medialer Macht kommt, funktioniert in der Demokratie die Kontrolle nicht mehr.“
Zu den Betrugsvorwürfen gegen Agrofert im Fall Storchennest wollte sich der Premier nicht äußern. Er wies darauf hin, dass das Unternehmen die umstrittene Förderung erhalten habe, bevor die derzeitige Regierung ihr Amt antrat.
Agrofert im Visier: Betrugsverdacht wegen Storchennest
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) untersucht den Fall „Storchennest“ („Čapí hnízdo“). Der Konzern Agrofert von Andrej Babiš (ANO) hat 50 Millionen Kronen aus europäischen Fonds erhalten, um eine Luxus-Farm in der Nähe von Benešov in Mittelböhmen zu bauen. Nun steht er unter dem Verdacht, die Förderung zu Unrecht bekommen zu haben. Sollte sich das bestätigen, könnte die EU die Gelder zurückfordern. Das berichtete in der vergangenen Woche der Nachrichtenserver „Neovlivní.cz“. Finanzminister Babiš hat die Vorwürfe mehrfach bestritten. Nach einer vorläufigen Analyse habe Olaf nun begonnen, ein Projekt der Gruppe Agrofert zu untersuchen, erklärte die Presseabteilung der EU-Institution. Ein Name wird nicht genannt; „Neovlivní.cz“ will aber in Brüssel erfahren haben, dass es um das Storchennest gehe.
Die umstrittenen 50 Millionen erhielt die Firma namens Farma Čapí hnízdo, die ursprünglich zur Agrofert Holding gehörte, aus einem Fördertopf für kleine und mittlere Unternehmen. Bevor sie 2008 die Fördermittel beantragte, wurden die Anteile des Unternehmens an anonyme Aktionäre übertragen. Denn der Konzern Agrofert hätte die Förderkriterien nicht erfüllt. Fünf Jahre später – so lange musste die Farm die Bedingungen einhalten – habe das Unternehmen erneut den Besitzer gewechselt und gehöre nun wieder zum Konzern Agrofert, so „Neovlivní.cz“. Wie lange die Untersuchung dauern werde, dazu hat sich Olaf nicht geäußert. Mit dem Storchennest befasst sich seit Januar auch die tschechische Polizei, nachdem sie von einem Unbekannten eine Strafanzeige wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug erhalten hatte. Medienberichten zufolge stuft sie die Informationen als ernstzunehmend ein. Ob es zu einer Anklage kommen wird, ist aber noch nicht bekannt.
Bekenntnis zu Břeclav
Drastische Maßnahmen