Gute Aussichten
Liebieg-Warte in Liberec für 17 Millionen Kronen versteigert
23. 3. 2016 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Sdružení historických sídel Čech, Moravy a Slezska
Eine gute Stunde soll es gedauert haben, bis einer der beliebtesten Aussichtstürme Nordböhmens versteigert war. Am Dienstag vergangener Woche wechselte die Liebieg-Warte in Liberec (Reichenberg) bei einer Online-Auktion ihren Besitzer. Ein unbekannter Bieter erwarb den Aussichtsturm für 17 Millionen Kronen (rund 630.000 Euro). Insgesamt nahmen fünf Interessenten an der Versteigerung teil; das Startgebot lag bei 11,3 Millionen Kronen. Das gab das Unternehmen Prokonzulta bekannt, das die Online-Auktion durchführte.
Unter den Hammer kamen die Liebieg-Warte und das dazugehörige Ausflugslokal, nachdem deren bisheriger Besitzer PLP Invest im August vergangenen Jahres Insolvenz angemeldet hatte. Den Ausgang der Versteigerung wollte der Insolvenzverwalter Pavel Körner nicht kommentieren. „Bis die Transaktion abgewickelt ist, werde ich den Medien keinerlei Informationen geben“, so Körner.
Die Liebieg-Warte befindet sich etwa viereinhalb Kilometer nordöstlich des Stadtzentrums auf dem Hügel oberhalb des Volksparks. Benannt ist sie nach dem Textilunternehmer und Kunstmäzen Heinrich Liebieg (1839–1904), der den 25 Meter hohen Turm mit Gaststätte in Gestalt einer mittelalterlichen Burg errichten ließ. Nach einem Entwurf der Nürnberger Architekten Josef Schmitz und Jakob Schmeissner wurde der Bau 1900 innerhalb eines Jahres umgesetzt; für Besucher öffnete er am 1. September 1901.
Um den Eindruck eines mittelalterlichen Bauwerks zu verstärken, verwendeten die Handwerker in Nordböhmen Steinquader alter abgerissener Nürnberger Gebäude. Die Anlage erhielt außerdem einen künstlich angelegten Wassergraben, der von einer Brücke überspannt wurde. Nach dem Tod Liebiegs wurde der Aussichtsturm der Stadt Reichenberg überschrieben.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verfiel die Warte, sodass sie in den sechziger Jahren erneuert werden musste. Bei den damaligen Bauarbeiten verlor das Gebäudeensemble seinen ursprünglichen Charakter. So büßte es unter anderem das Fachwerk ein. Später veranstaltete der Betreiber in den Räumen der Liebieg-Warte Partys; Ende der Neunziger wurde sie aufgrund ihres schlechten Zustands geschlossen.
Über 15 Jahre hatten Besucher keinen Zugang zum Aussichtsturm, bis er 2013 wieder eröffnet wurde. Vorher hatte PLP Invest ihn aufwendig rekonstruieren lassen. Für umgerechnet 2,3 Millionen Euro ließ das Unternehmen den Turm befestigen und beleuchten, renovierte das Restaurant und die Kellergewölbe, den Wassergraben und die Brücke. In der Anlage richtete es zudem ein Wellness-Hotel ein. Aus EU-Fonds sollten knapp 1,4 Millionen Euro Fördergelder in den Bau fließen. Am Ende erhielt das Projekt aufgrund von Planungsfehlern nur rund eine Million Euro. Das fehlende Geld brachte den Eigentümer schließlich dazu, Mitte März 2015 in Insolvenz zu gehen.
Die Liebieg-Warte ist von der Straßenbahnhaltestelle am Volkspark aus zu Fuß zu erreichen. Den etwa einen Kilometer langen Weg zum Aussichtsturm weisen rote Fähnchen. Die Warte ist sonntags bis donnerstags von 10 bis 20 Uhr geöffnet; freitags und sonntags steht sie Besuchern von 10 bis 23 Uhr offen.
Informationen unter www.liberecka-vysina.cz
Sommerfrische in der Steiermark
An der Blutigen Straße